Natur
Freier Markt könnte die Trinkwasserqualität verschlechtern
Der österreichische Umwelt-Dachverband hält von einer "Liberalisierung" wenig
Wien - Der österreichische Umwelt-Dachverband
ÖGNU sieht durch die mögliche europaweite Wasserliberalisierung die
Trinkwasserqualität und Versorgungssicherheit stark gefährdet. Diese
Befürchtung äußerte der Präsident des
Umwelt-Dachverbandes, Gerhard Heilingbrunner, im Rahmen einer
Pressekonferenz. Außerdem wurde bei der Veranstaltung die
deutschsprachige Ausgabe der EU-Wasser-Rahmenrichtlinie vom
Generalsekretär des Europäischen Umweltbüros (EEB
) , John Hontelez,
vorgestellt. Sie werde jedoch keine großen Änderungen
im – fortgeschrittenen - österreichischen Wasserrecht mit sich bringen,
meinte Hontelez.
Die mit einer Liberalisierung einhergehende Trinkwasser-Durchleitungspflicht
durch Rohrleitungen führe zu einer Vermengung von Wasser unterschiedlicher
Qualität und somit zu einem allgemeinen Qualitätsverlust, so Heilingbrunner.
Es gäbe sehr wohl Hinweise auf Bestrebungen der EU, den Wassermarkt zu
öffnen. Damit würden aufgebaute, funktionierende, regionale Strukturen
zerstört werden, führte er fort und nannte England und Frankreich als
Beispiele: "In England gab es vor der Privatisierung 3.500 Wasserversorger,
davon haben nur 24 überlebt. In Frankreich liegt die Wasserversorgung in
den Händen von vier großen Konzernen." In Österreich gibt es zurzeit etwa
5.000 Wasserversorger.
Außerdem könnten durch den Wettbewerb Grundwasser-Schongebiete an
Bedeutung verlieren bzw. aufgelassen werden, bezog sich Heilingbrunner
erneut auf Länder mit erfolgter Liberalisierung. "Wir werden dafür sorgen,
dass es künftig in Österreich keine Pipelines und somit auch keinen
Ausverkauf des Wassers gibt", zeigte sich der ÖGNU-Präsident kämpferisch.
Die vorgestellte EU-Wasser-Rahmenrichtlinie – sie muss in den
Mitgliedsländern bis 2003 in nationales Recht umgesetzt werden – "ist weder
für noch gegen eine Privatisierung", stellte EEB-Generalsekretär Hontelez
fest. Allerdings spreche der erste Satz dieses EU-Wassergesetzes eher
gegen eine Liberalisierung: "Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern
ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt
werden muss", heißt es hier. Besonders wichtig sei die Identifizierung
kostendeckender Preise unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips, so
Hontelez. Die Richtlinie sei hinter den Erwartungen der europäischen
Umweltverbände zurückgeblieben, "eben ein Kompromiss".
Im ersten Schritt der Umsetzung der Richtlinie darf sich ab 2003 kein
Zustand eines Oberflächengewässers oder Grundwassers mehr
verschlechtern. Ab dem Jahr 2020 soll ein generelles Verbot für die Einleitung
von Schadstoffen in Gewässer gelten. Insbesondere die langen
Umsetzungsfristen werden von den Umweltverbänden kritisiert.
Gesamteuropäisch werde das Gesetz sehr wohl Verbesserungen bringen,
meinte Hontelez. Trotz einiger Schwachpunkte wird es von NGOs
unterstützt. (pte)