Seit drei Jahrzehnten ist der klein gewachsene Mann, dem man überdurchschnittliche Intelligenz nachsagt, Chefdompteur und Zirkusdirektor der Formel 1. Bernie Ecclestone ist dabei zum sechstreichsten Briten geworden.

Als er das Ruder an sich riss, wurde der rasende Kreisverkehr von obskuren Geschäftsleuten, adeligen Fahrern und Möchtegern-Managern dominiert. Heute ist die Formel 1 ein Global Player. Für unverbesserliche Romantiker hat er den Sportaspekt zugunsten von Big Business über Bord geworfen. Das will er selbstverständlich nicht so sehen: "Blödsinn. Nur als Global Player kann der immense Finanzhunger der Formel 1 gestillt werden," sagt er im STANDARD-Interview.

Das Rennvölkchen ist jedenfalls nicht so schlecht mit Ecclestones autokratischem Führungsstil gefahren: Im letzten Jahrzehnt hat die Formel 1 250 neue Dollarmillionäre erschaffen. 1999 begann Ecclestone mit einem bis heute nicht wirklich entschiedenen Poker um die Zukunft seiner F1-Vermarktungsfirma SLEC. Zunächst einmal warf er 50 Prozent von SLEC auf den Markt. Erst war Morgan Grenfell Private Equity, der Investment-Arm der Deutschen Bank, im Spiel: für 325 Mio Dollar (umgerechnet 4,5 Mrd. Schilling) Cash wechselten 12,5 Prozent den Besitzer. Und Morgan Grenfell sicherte sich für 975 Mio. Dollar (13.5 Mrd. S) eine Option auf weitere 37,5 Prozent. Als die Banker den Optionstermin verstreichen ließen, verkaufte Bernie an die kalifornische Risiko-Investment Gruppe Hellmann & Friedman: für eine Mrd. Dollar. Natürlich Cash. Ecclestone dazu: "Ich nehme nur Cash." Natürlich. Die Amerikaner übernahmen auch noch die 12,5 Prozent von Morgan Grenfell und verscherbelten das gesamte 50-Prozent-Paket an den Münchner Programmanbieter EM-TV: für 1.6 Mrd. Dollar (22 Mrd. S). EM-TV ist bekanntlich in Schwierigkeiten geraten. Leo Kirch soll nun nach zähen Verhandlungen einen Anteil an EM.TV von bis zu 16,74 Prozent und 49 Prozent an der 50-prozentigen Beteiligung von EM.TV an der Formel-eins-Holding SLEC erhalten. Mit der Vereinbarung ist laut EM.TV auch das Ziel verbunden, die Option zum Kauf weiterer 25 Prozent an der SLEC bis Ende Februar auszuüben. Kirchs Einstieg in der Formel 1 will aber Ecclestone nun wiederum verhindern. Dem Handelsblatt sagte er, in den Statuten der SLEC sei festgelegt, dass kein Fernsehsender als Eigentümer in die Formel 1 einsteigen dürfe. Dass Pensionsalter nicht vor neuer Karriere schützt, zeigt Mr. B. - das B steht für Business - mit seinem jüngsten Projekt. Seit zwei Jahren ist er Verleger des Wirtschaftsmagazins EuroBusiness , das als Pflichtlektüre für höhere und mittlere Führungsetagen betrachtet wird. Ein kleines Davos "Das Fahrerlager ist ein kleines Davos", erklärt Ecclestone seine Ambitionen. "An fast jedem zweiten Wochenende treffen sich unzählige Vorstandsvorsitzende und Politiker, Show-Biz-Leute und Medienvertreter an den Rennstrecken. Da war es einfach nahe liegend. Und viele Sponsoren beginnen bereits, die Formel 1 nicht nur als Marketing-, sondern auch als Synergie-Plattform zu nutzen." Ecclestone wird natürlich nicht müde zu betonen, Formel-1-Sponsorship sei "bei weitem die billigste Form von globaler Werbung für ein Unternehmen mit internationalen Ambitionen. Die Verantwortlichen in den Chefetagen sind keine Dummköpfe. Die wissen, dass die Formel 1 einem Sponsor die optimale Verzinsung seines Einsatzes gibt." Freilich verändert sich die Sponsorenlandschaft in der Formel 1 gerade dramatisch.

Ein Imageverlust

Ecclestone: "Tabak-Sponsoren sind nicht mehr gefragt - Teams merken, dass ein Geldgeber aus dieser Imageverlust bedeutet. Man braucht gar nicht bis nach der Saison 2006 ( Anm.: Werbeverbot für Zigaretten auf Boliden ) zu warten - die Tabakindustrie ist bereits jetzt auf dem Weg aus der Formel 1: Nur noch 25 Prozent der Sponsorengelder kommen von ihr. Automobilkonzerne wie DaimlerChrysler oder Ford-Tochter Jaguar tragen als Voll- oder Teileigner bereits die Hälfte der Kosten, und Hightech-, Informations-, Logistik- und Kommunikationsunternehmen werden die Hauptsponsoren-Rolle übernehmen." www.formula1.com www.atlasf1.com www.formel1.at www.itv-f1.com www.fia.com (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.2.2001)