Europa
Russische Wunderwaffe explodierte
Kursk führte Shkval-Torpedos, die schneller sind als die der Nato
Moskau/Wien - Nun ist es auch in Moskau offiziell, was Nato-Experten von Anfang an vermutet haben. Die Explosion von Raketentorpedos war die Ursache für den Untergang des russischen Atom-U-Bootes Kursk in der Barentssee im vergangenen August, bei dem alle 118 Mann der Besatzung ums Leben kamen.
Diese Torpedos waren offensichtlich der besonderen Art. Es handelt sich um Shkval-Torpedos, die eine Geschwindigkeit von bis zu 500 Stundenkilometern erreichen. Diese gelten als Art russische Wunderwaffe, weil sie fünfmal schneller sind als die derzeit besten Torpedos der Nato. Kaum eine andere russische Waffe stellt eine ähnlich große Bedrohung etwa für amerikanische Flugzeugträger dar. Ein von der Shkval - auf Deutsch "Sturm" - aus wenigen Kilometern Entfernung angegriffenes Nato-U-Boot wäre zerstört, noch ehe die Aufklärungssatelliten den Angriff gemeldet hätten. Es ist deshalb ein vorrangiges Bestreben aller Nato-Staaten, die Geheimnisse der einzigartigen Shkval, die aus bis zu vierhundert Meter Tiefe und zwölf Kilometer Entfernung abgefeuert werden kann, zu lüften.
Nach Auffassung amerikanischer und britischer Marinefachleute ist die Kursk bei der Erprobung der neuesten Shkval untergegangen. Dies erklärt auch, warum russische Militärs in den ersten Tagen nach dem Unglück alles unternahmen, um westliche Bergungsteams von der Unglücksstelle fern zu halten.
Die Russen haben in der Torpedo-Entwicklung einen technologischen Vorsprung, der darauf beruht, dass sie herausfanden, wie man die Antriebskraft mithilfe der Kavitation steigern kann. Diese bewirkt bei Geschwindigkeiten von mehr als 180 Kilometern unter Wasser einen thermophysikalischen Effekt. Um einen so schnellen Schwimmkörper bilden sich eine oder viele Dampfblasen. Aus den unzähligen Einzelblasen entsteht eine Luftblase, die den Reibungswiderstand zwischen Wasser und Festkörper erheblich mildert. Mithilfe der Kavitation soll es in Zukunft auch möglich sein, unter Wasser Überschallgeschwindigkeiten zu erreichen. (Von Josef Ertl, DER STANDARD Print-Ausgabe 17./18.2.2001)