Palermo - Der neue US-Finanzminister Paul O'Neill ist in die illustre Runde der Finanzminister und Notenbankchefs der sieben wichtigsten Industrieländer (G-7) mit Getöse eingezogen. Dafür war am Samstag weniger sein erstes Auftreten auf dem G-7-Treffen im süditalienischen Palermo selbst verantwortlich als vielmehr sein Vorspiel: Da hatte der ehemalige Industriemanager nämlich in verschiedenen Interviews Anlass zu der Vermutung gegeben, mit der neuen US-Regierung werde sich vieles in der Finanz- und Währungspolitik ändern. O'Neill hatte grundsätzliche Skepsis gegen Devisenmarktinterventionen geäußert, Vorbehalte gegen die G-7 erkennen lassen und Zweifel genährt, ob er die in den USA schon traditionelle Politik für einen "starken Dollar" weiterführen werde. Doch nach dem Palermo-Treffen sah alles so aus, als wäre nichts gewesen - zumindest wenn man O'Neills Äußerungen vor der Presse und das Kommunique des Treffens zu Grunde legt, das er ja mitverantwortet hat. Irritationen beseitigen O'Neill selbst tat in Palermo alles, um die von ihm selbst ausgelösten Irritationen zu beseitigen. Er wolle natürlich die traditionelle US-Politik des "starken Dollars" fortführen. Er plane keine Abkehr davon, beschied er Journalisten beim G-7-Treffen in den Block. Doch ein Bild der Lockerheit gab er nicht ab: Er wirkte angespannt, fast etwas defensiv, als er gefragt wurde, ob die künftige US-Währungspolitik von irgend jemandem auf dem Treffen zum Thema gemacht worden sei. "Nicht eine einzige Frage", beschied er dem Frager, und seine europäischen Partner bestätigten das. Aber so richtig jedenfalls wissen O'Neills Partner auch nach Palermo noch nicht, was die neue Regierung nun vor hat. Etwas mehr "Laisser-Faire"-Politik, etwas weniger Eingriffe in die Märkte, so lauteten die Vermutungen aus europäischen Teilnehmerkreisen zur künftigen US-Politik. Und das wohl in der Tat mit einem solchen Ansatz relativ wenig US-Neigung bestehen dürfte, etwaige Kursschwankungen zwischen Dollar, Euro und Yen mit Interventionen entgegenzutreten, das lassen nicht nur O'Neills Interviews vermuten. Auch Lawrence Lindsey, Chef-Wirtschaftsberater von Präsident Bush, so berichtete jedenfalls die "International Herald Tribune" unter Berufung auf ihn, betrachte beispielsweise die gemeinsamem Intervention der großen Notenbanken zu Gunsten des damals schwachen Euro als Fehler. Unfairer Steuerwettbewerb und ungenügende Finanzkontrollen An einem aber, so ist aus Teilnehmerkreisen des Treffens zu hören, dürfte kein Zweifel bestehen: die USA werden auch unter der neuen Regierung ihre Interessen strikt im Auge behalten. Deutlich sei dies in Palermo an einer Diskussion über das Problems des unfairen Steuerwettbewerbs und ungenügender Finanzkontrollen in der Welt geworden, sprich das Problem der sogenannten Offshore-Finanzplätze, wie den Cayman Islands in der Karibik, hieß es in den Kreisen. Der neuen Regierung sei es mit der Lösung dieses Problems offenbar nicht mehr so dringlich, vermutlich, weil viele US-Unternehmen diese Steueroasen weidlich nutzen. (Reuters)