Fakt ist aber, dass der jüngste "Sieg" der Industrie gegen die Online-Musiktausch-Börse Napster vor Gericht weniger wert ist, als ihn die Konzerne öffentlich zu verkaufen suchen. Denn der Download von Musik ungeachtet aller Urheberrechte feiert fröhliche Urständ: Napster-Konkurrenten wie Gnutella, Freenet, Aimster, iMesh, Audiogalaxy bekommen jetzt umso mehr Aufwind für ihre Dienste.
Ob die Industrie im Netz verdienen können wird, wird davon abhängen, ob sich die Giganten - Time Warner AOL, Sony, Bertelsmann, Universal Vivendi und EMI - auf ein Datenformat und auf eine Plattform einigen können. Der deutsche Bertelsmann-Konzern, der mit Napster zusammenarbeitet und daraus einen kostenpflichtigen Abonnement-Dienst formen will, hat jetzt angekündigt, dass zwar Musik weiterhin per Internet angeboten wird, allerdings in einem Format, das verhindern soll, dass Compact Discs "schwarz" gebrannt werden können. Mit dem derzeit weltweit gängigen Datentypus MP3 ist dieser Schutz vor Raupkopien rein technisch nicht durchzusetzen.
Ein sicheres Schutzsystem sehen Experten aber als Voraussetzung dafür, dass die anderen Musikfirmen sich zu Bertelsmann und "Napster 2" hinzugesellen. Die Secure Digital Music Initiative, die in Industrieauftrag eine Alternative zu MP3 entwickeln sollte, versagte bisher.
Die große Frage wird aber auch sein, inwieweit die Marke Napster schon Zugkraft besitzt, um einen kommerziell interessanten Anteil der heute 62 Millionen Gratisblitzer zu halten, wenn das Tauschen kostenpflichtig wird. "Napster zuzusperren und seine Zuhörerschaft zu sprengen, wäre ein großer Fehler", so ein Analyst von Forrester Research. Eine der größten Gefahren für Napster sind ja derzeit drohende Schadenersatzklagen, die das Unternehmen ruinieren könnten.