Anlässlich eines Medienseminars am Montag in Wien erklärte der Wiener Kardiologe Klaus Frohner, dass viele Arzneimittel, die nicht zur Behandlung von Herzerkrankungen eingesetzt werden, auch Herzrhythmusstörungen zur Folge haben können. Einschlägige Zwischenfälle und die Rücknahme von einzelnen Präparaten haben eine internationale Debatte über das Thema ausgelöst. Die Debatte ist allerdings nicht neu. Bereits seit einiger Zeit machen Ärztinnen und Ärzte der Kardiologie, aber auch Fachzeitschriften auf die Herzrhythmusveränderungen zahlreicher Medikamente aufmerksam. Britischen und italienischen Forschern zufolge könnten rund ein Viertel aller verschriebenen Medikamente negativen Einfluss auf den Herzrhythmus ausüben. Das menschliche Herz hat, um ständig gleichmäßig arbeiten zu können, einen "Impulsgeber", der ohne größere Probleme die elektrische Erregung von einer Zelle in die nächste weiterleitet: Diese Erregungsleitung geschieht über elektrisch geladene Ionen. Durch die Einnahme von Medikamenten, die direkt oder indirekt den Ionenstrom beeinflussen, reagiert das Herz mit einer Arrhythmiebereitschaft. Es kann zu schnell oder zu langsam schlagen bzw. gerät vollständig "aus dem Takt". Deshalb empfiehlt es sich insbesondere für den Arzt, auch bei der Verschreibung von als "harmlos" geltenden Medikamenten vorsichtig zu sein. Zwei schwerwiegende Rhythmusveränderungen, die im EKG zu beobachten sind, sind die so genannten QT-Verlängerungen und "torsades de pointes". Dabei kommt es zu einer Verlängerung des Zeitraums, bis das Herz nach einem Pumpvorgang wieder zum Schlagen bereit ist. Manchmal macht sich die linke Herzkammer dann überhaupt "selbstständig" ("torsades de pointes"). Der Fachmann: "Das Problem des sogenannten pro-arrhythmischen Effekts, also des Aus-dem-Gleichgewichtbringens des Herzrhythmus, ist bei Substanzen, die in der Kardiologie eingesetzt werden, seit vielen Jahren bekannt, und es wurden dementsprechende Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Es kommt aber heute eine große Anzahl von Medikamenten auf den Markt, die nicht für die Behandlung von Herzerkrankungen gedacht sind und die trotzdem schwerwiegende Nebenwirkungen für das Herz haben können." Besonders gefährdet sind Patienten mit bestehenden Herzerkrankungen. Vor allem bei bereits bekannten Herzleiden wie Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen und bei Herzklappen- oder Herzmuskelerkrankungen sei deshalb Vorsicht geboten. Zu den Medikamentengruppen , durch die Herzrhythmusstörungen ausgelöst werden können, zählen unter anderem Substanzen, die erst in der Leber aktiviert werden:
  • Antibiotika vom Makrolid-Typ (Erythromycin, Clarythromycin)
  • Antibiotika vom Quinolon-Typ
  • Pilzmittel-Imidazole
  • Virenmittel vom Protesase-Hemmer-Typ.
Direkten schädlichen Einfluss auf den Herzrhythmus können auch einzelne Malariamittel und Antihistaminika, die so genannten H1-Blocker gegen allergischen Juckreiz, einige Mittel gegen Herzrhythmusstörungen, gegen Depressionen oder auch einzelne Neuroleptika haben. (APA)