Cannes - Als der Mobilfunkbetreiber Bouygues Telecom SA, Saint-Quentin, im vergangenen Monat davor zurückschreckte, 4,95 Mrd. Euro (68,1 Mrd. S) für eine französische UMTS-Lizenz zu bezahlen, war das nicht nur eine Frage des Preises. Der drittgrößte Anbieter Frankreichs mit fünf Millionen Kunden geht inzwischen davon aus, dass die meisten Dienstleistungen mit einer "aufgepumpten" Version der heutigen GSM-Technik angeboten werden können - und zwar zu einem Bruchteil des Lizenzpreises. Die UMTS-Technik sei nicht mehr unverzichtbar für Applikationen vom Live-Video bis hin zum drahtlosen Internetzugang, sagte der Verwaltungsrats-Vorsitzende Martin Bouygues. Mit dieser Ansicht steht er nach einem Bericht des "Wall Street Journal Europe" (WSJE) vom Dienstag nicht allein da. Wenn Mobilfunkbetreiber aus aller Welt diese Woche in Cannes ihre Jahreskonferenz abhalten, stellen auch andere Industriefachleute die Zahlung Dutzender von Milliarden Dollar für UMTS-Lizenzen in Frage. "80 Prozent der vom UMTS-Standard erwarteten Dienstleistungen können auch mit einem erweiterten GSM-Standard erbracht werden", sagt Fraser Curley, Mobilfunkexperte des US-Consultingunternehmens Arthur D. Little. Für die gefragtesten Dienste - etwa die Übertragung von E-Mails - sei die bisherige Mobilfunkgeneration durchaus geeignet. Wende Solche Äußerungen markieren eine Wende in der Debatte über den UMTS-Mobilfunk. Im vergangenen Jahr hatten die enormen Summen, die Konzerne für die Lizenzen zu zahlen bereit waren, für Aufsehen gesorgt. Unter anderem bekam die Vodafone Group plc, Newbury, in Großbritannien für fast sechs Mrd. Pfund (9,56 Mrd. Euro/131,5 Mrd. S) den Zuschlag, während die Deutsche Telekom AG 8,5 Mrd. Euro in Deutschland auf den Tisch legte. Nun werden aber auch Zweifel an der UMTS-Technologie selbst laut. Solche Stimmen werden in den USA mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt, da die meisten Mobilfunkbetreiber dort gerade die Entscheidung über die Technologie der kommenden zehn Jahre treffen. Die europäischen Betreiber beharren indes darauf, dass die Qualität ihrer künftigen UMTS-Dienste allen anderen überlegen sein werde und äußern kein Bedauern über die investierten Summen. Sie betonen außerdem, auf die UMTS-Frequenzen angewiesen zu sein, da die GSM-Netze allmählich ausgelastet seien. Nachdem sie allein in Großbritannien und Deutschland mehr als 86 Mrd. Euro in die UMTS-Lizenzen gesteckt haben, lassen sie denn auch keine Zweifel an der UMTS-Technologie selbst zu. (APA/vwd)