Wien - Am Dienstag war in der heimischen Telekombranche das große Kopfschütteln ausgebrochen. Grund dazu gab der neue Rufnummernplan, den Infrastrukturministerin Monika Forstinger völlig überraschend am Dienstag verordnet hatte. Allerdings zog sie die Verordnung nach zwei Stunden wieder zurück. "Unter Vortäuschung falscher Tatsachen durch den zuständigen Sektionschef, hinsichtlich der Akkordierung der Numerierungsverordnung (NVO) mit den Betreibern und der Behörde (TKC), wurde diese irrtümlich freigegeben", hieß es in einer Aussendung. Der nicht zu überhörende Aufschrei der betroffenen Netzbetreiber und der zuständigen Behörde sei "uneingeschränkt gerechtfertigt", argumentierte Forstinger weiter. Der Sektionschef der obersten Post- und Fernmeldebehörde im Verkehrsministerium, Hermann Weber, wehrt sich gegen die Vorwürfe von Forstinger. "In meiner ganzen Amtszeit habe noch nie einen Minister hintergangen. Der Minister ist der Repräsentant meines Ressorts, dem ich zu dienen und den ich nicht zu überlisten habe. Ich verstehe Ministerin Forstinger persönlich nicht". Forstinger ist die neunte Ministerin in der Karriere des Sektionschefs. Kein Engpass in nächsten Zeit Die seit nunmehr drei Jahren andauernden Verhandlungen zwischen den Betroffenen bezüglich eines neuen Rufnummernplans hätten bisher zu keinem Ergebnis geführt. Ein diesbezügliches Begutachtungsverfahren sei entgegen anderer Annahmen bisher nicht durchgeführt worden. Außerdem fehlten noch die begleitenden Maßnahmen für die Umsetzung und vor allem die Abdeckung der erforderlichen finanziellen Mittel in Höhe von 250 Millionen Schilling (18,2 Mio. EURO). In der nächsten Zeit sei außerdem mit keinem Engpass bei den Rufnummern zu rechnen. Dies sei ursprünglich der Grund für einen neuen Rufnummernplan gewesen Das Beratungsunternehmen Arthur D. Little bezifferte die durch die Nummerierungsverordnung (NVO) induzierten gesamtwirtschaftlichen Kosten mit mehr als sieben Milliarden Schilling. Davon entfielen allein zwei Mrd. S auf die Telekom, weil die Technik angepasst werden muss. Rund fünf Mrd. S müsste deshalb die Wirtschaft insgesamt blechen, weil diverse Telefonanlagen umprogrammiert, neue Drucksorten angeschafft und die Geschäftspartner informiert werden müssten. Mit 250 Mio. S würden die Konsumenten belastet, kritisierte die Arbeiterkammer. Der Nummerierungsplan selbst ist im Prinzip ein alter Hut, über den bereits Forstingers Vor-Vorgänger, Caspar Einem, mit der gesamten Telekombranche im Clinch lag. Damit sollten bereits vor drei Jahren die 1044 Ortswahlkreise des Telefonsystems auf 23 Regionen reduziert werden, wodurch das bestehende System der Rufnummernverteilung grundlegend verändert würde. Das zunächst verordnete Rufnummernsystem sollte am 31. März in Kraft treten und bis 2003 umgesetzt werden. Ursprünglich hatten die privaten Telefongesellschaften die Neuordnung des Nummernsystems verlangt, weil nach der Liberalisierung des Telekomsektors nicht genug Telefonnummern verfügbar waren. Da die Telekom Austria (TA) im Zuge der Digitalisierung aber ohnehin Tausende Telefonnummern veränderte und viele Festnetzanschlüsse durch Handys ersetzt wurden, bestand dann im Herbst 2000 kein Bedarf mehr an Festnetznummern. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21. 2 . 2001)