Los Angeles - "Aufrichtig": Dies sei im Kontext von Stanley Kramers Leben und Werk das am meisten und vielleicht auch etwas zu großzügig gebrauchte Adjektiv gewesen, schrieb einmal ein Rezensent: Ohne seine legendäre Aufrichtigkeit, Integrität und einen Hang zu berührenden "Botschaften" hätte der US-Regisseur und Produzent wohl niemals den renommierten Irving Thalberg Award oder mehrere Oscar-Nominierungen - etwa für das Urteil von Nürnberg - erhalten. Dies ist, wenn man sich an Regiearbeiten wie Flucht in Ketten (1958), Das Narrenschiff oder Rat mal, wer zum Essen kommt (1967) gerne erinnert, vielleicht ein wenig harsch formuliert. Tatsächlich beeindruckte Kramer aber vor allem als generöser Ermöglicher, der als Erster das Prädikat "Independent" verdiente. Kramers Firma Screen Plays Inc. brachte etwa Tod eines Handlungsreisenden und Fred Zinnemanns High Noon hervor. Im Sold von Columbia produzierte er etwa Die Caine war ihr Schicksal , das grandios delirierende Musical The 5000 Fingers of Dr. T und vor allem Marlon Brando in Der Wilde. 87-jährig ist Stanley Kramer jetzt in einem kalifornischen Krankenhaus an Lungenentzündung gestorben. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21. 2. 2001)