Etat
FAZ entlässt Herausgeber
Hugo Müller-Vogg verstieß gegen "Vertrauen und Vertraulichkeit" - Nachfolge noch unklar
Die "Frankfurter Allgemeine
Zeitung" (F.A.Z.) hat nach eigenen Angaben noch keinen
Nachfolger für ihren beurlaubten Mitherausgeber Hugo Müller-Vogg
benannt. "Der Posten sollte aber nicht lange vakant bleiben",
sagte der Vorsitzende des Herausgebergremiums, Günther
Nonnenmacher, am Mittwoch. Die Beurlaubung Müller-Voggs am
Vortag habe nichts mit dessen angeblich zu konservativer Linie
zu tun. Aus der Redaktion verlautete dagegen, Müller-Vogg habe
SPD und Grüne oft einseitig und überzogen scharf kritisiert.
Müller-Vogg sagte Reuters, er habe sich über seine berufliche
Zukunft noch keine Gedanken gemacht. Die F.A.Z. hatte den
53-Jährigen am Dienstag beurlaubt. Es gebe keine Grundlage für
eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr, hieß es ohne Angabe
von Einzelheiten.
An Stelle eines Chefredakteurs bestimmen bei der F.A.Z. die
fünf Herausgeber die Linie der Zeitung. Müller-Vogg gehörte dem
Gremium seit 1988 an und war für den Rhein-Main-Regionalteil und
die "Sonntagszeitung" zuständig. Nach Angaben des Verlages ist
Müller-Vogg mit sofortiger Wirkung von allen Aufgaben beurlaubt.
Offiziell laufe sein Vertrag gemäß Kündigungsfrist Ende Dezember
2006 aus.
"Wir sind noch zu keinem Personalvorschlag gekommen", sagte
Nonnenmacher Reuters zur Nachfolge. Anders als in der Mittwoch-
Ausgabe werde Müller-Vogg am Donnerstag nicht mehr als
Herausgeber genannt.
"Politische Meinungsverschiedenheiten haben keine Rolle
gespielt", sagte Nonnenmacher. In der Redaktion galt Müller-Vogg
aber als besonders konservativ. So sei er zuletzt mit
Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) wegen dessen
politischer Vergangenheit unangemessen scharf ins Gericht
gegangen. Müller-Vogg ist nach eigenen Angaben nicht Mitglied
einer politischen Partei.
In der Redaktion wurde in letzter Zeit von Unruhe aus
verschiedenen Gründen im Haus gesprochen. Das Politik-Ressort
etwa sei zu Beginn der Spendenaffäre von Ex-Bundeskanzler Helmut
Kohl (CDU) bei der Berichterstattung und Kommentierung gespalten
gewesen. Innenpolitik-Chef Eckhard Fuhr wurde als Korrespondent
nach Berlin entsandt, was in Redaktionskreisen als Degradierung
gewertet wurde. Kurz darauf ging er zur Tageszeitung "Die Welt".
Zwischen Herausgebern und Verlagsführung gab es den Kreisen
zufolge wegen des Starts eines umfassenden Internet- Auftritts
im Januar Streit. Und im Feuilleton wurden Anfang Februar die
Wechsel von Ressortchef Ulrich Raulff und Literatur- Chef Thomas
Steinfeld sowie der Berlin-Korrespondentin Franziska Augstein
zur "Süddeutschen Zeitung" bekannt.
Keine Pläne
Müller-Vogg sagte, er habe noch keine Pläne für seine
berufliche Zukunft. "Am Samstag gehe ich erstmal zum Opernball
(in Frankfurt), dann sehen wir weiter." Im Hessischen Rundfunk
ist er einer der Moderatoren der Talkshow "3-2-1", die aber im
März ausläuft. Ein Wechsel in die Politk sieht Müller- Vogg nach
eigenen Angaben nicht. "Ich habe keinerlei Interesse an einer
politischen Laufbahn."
Der studierte Volkswirt war 1977 vom "Mannheimer Morgen" in
die Wirtschafts-Redaktion der F.A.Z. nach Frankfurt gewechselt.
1980 bis 1984 berichtete er als Korrespondent aus Düsseldorf,
von 1984 bis 1988 aus New York, bevor er zum Herausgeber berufen
wurde. Herausgeber der F.A.Z. sind nach der Beurlaubung
Müller-Voggs nun noch Nonnenmacher, Jürgen Jeske, Berthold
Kohler und Frank Schirrmacher.
(Reuters)