Jerusalem - Nach dem überraschenden Rückzug des scheidenden israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak von allen politischen Ämtern sucht seine Arbeiterpartei einen neuen Vorsitzenden. Fünf Politiker gelten als mögliche Kandidaten für die Nachfolge des wankelmütigen Barak. AVRAHAM BURG, 46, wurde 1999 gegen den Willen von Ehud Barak mit großer Mehrheit zum Parlamentspräsidenten gewählt. Der ehemalige Friedensaktivist verhehlte nie seinen größten Wunsch: Partei- und Regierungschef zu werden. Der gemäßigte Politiker ist tief religiös und zeigt sich stets mit der traditionellen jüdischen Kopfbedeckung, der Kippa. Maßgeblich beteiligt war er an der Einigung über Entschädigungszahlungen Schweizer Banken an jüdische NS-Opfer. Barak machte er sich zum Feind, als er sich in der Knesset abfällig über ihn äußerte - im Glauben, sein Mikrofon sei abgeschaltet. BENJAMIN BEN ELIESER, 65, brachte sich bereits nach Baraks vernichtender Niederlage gegen Ariel Sharon als Parteichef ins Gespräch. Der scheidende Kommunikationsminister glaubt, die zerstrittene Arbeitspartei wieder einen zu können. Anders als viele seiner Parteifreunde befürwortet Ben Elieser eine große Koalition mit Sharons Likud-Block und der extremen Rechten. Der ehemalige General hatte von 1978 bis 1981 als Militärgouverneur die Kontrolle über das Westjordanland und befehligte von 1983 bis 1984 die Truppen in den besetzten Gebieten. Zwischen 1992 und 1996 war er Minister für Wohnungsbau. CHAIM RAMON, 50, galt in den frühen 90er Jahren bereits als Zukunftshoffnung der Arbeitspartei - bis der ehemalige Ministerpräsident Yitzhak Rabin 1995 Barak in die Politik brachte. Dass Barak unter Sharon trotz aller gegenteiligen Beteuerungen Verteidigungsminister werden wollte, kritisierte Ramon scharf. Auch im Wahlkampf hatte er sich gegenüber seinem Rivalen nicht immer loyal gezeigt: Die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern im ägyptischen Taba lehnte er öffentlich ab. In Baraks Regierung war er als Minister ohne Ressort zunächst verantwortlich für Jerusalem und die Parlamentsreform, im vergangenen August wurde er Innenminister. SHLOMO BEN AMI, 57, gilt als "Taube" innerhalb der Arbeitspartei. Bei den Friedensverhandlungen von Camp David vergangenen Juli spielte er ebenso eine Schlüsselrolle wie bei den jüngsten Gesprächen im ägyptischen Taba, wo er sich als Außenminister bis zuletzt für ein Abkommen mit den Palästinensern einsetzte. Neben den Nahost-Friedensverhandlungen machte sich Ben Ami unter anderem einen Namen bei heiklen Verhandlungen in religiösen Fragen zwischen Christen und Moslems sowie beim Versuch, die israelische Polizei zu reformieren. Unter den Palästinensern ist Ben Ami jedoch umstritten: Sie machen ihn für die Erschießung von 13 palästinensischen Demonstranten im vergangenen Oktober verantwortlich. SHIMON PERES, 77, gilt als Architekt des Osloer Friedensabkommens von 1993 und wurde dafür zusammen mit Palästinenserpräsident Yasser Arafat und Rabin mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Unter Barak diente er auf dem eher symbolischen Posten des Ministers für regionale Zusammenarbeit, nachdem er für seine Partei bereits Verteidigungs-, Außen- und Finanzminister sowie Ministerpräsident war. Seine Parteifreunde sehen ihn eher auf einem Ehrenposten als auf dem des Parteichefs. Peres wird das Stigma des ewigen Verlierers nicht los: Fünf Mal trat er als Kandidat für ein hohes Amt an, fünf Mal untelag er: Zuletzt stach ihn bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Juli der weithin unbekannte Moshe Katzav aus. Auch gegen Barak konnte er sich als Ministerpräsidenten-Kandidat nicht durchsetzen. (APA)