Hamburg - Der Streit um die abgesagte Willi-Sitte-Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg geht weiter. Sitte habe als Mitglied des SED-Zentralkomitees "im Tandem" mit Politbüromitglied Kurt Hager die Kunstdoktrin der Partei verbindlich festgelegt, warf Bernhard von Loeffelholz, Mitglied des Verwaltungsrates des Museums, dem Künstler aus Halle in einem Beitrag der am Donnerstag erscheinenden Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" vor. Sitte habe in seiner Zeit als Verbandspräsident die SED-Kunstdoktrin "mit allen Mitteln" durchgesetzt, schreibt Loeffelholz. Im politischen Wirklichkeitsbereich sei er zugleich Täter gewesen. "Sein Werk soll der Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden, aber sein Wirken auch nicht." Es bedürfe noch weiterer Vorarbeiten, um eine "seriöse Präsentation von Willi Sitte zu veranstalten". Als einen Grund, dass die Ausstellung in Nürnberg nicht zu Stande kam, nannte Loeffelholz, im Katalog hätten keine Autoren zu Wort kommen sollen, die Sitte ablehnend gegenüber stünden. Der Hamburger Kunsthistoriker Martin Warnke verwies in dem "Zeit"-Beitrag darauf, Sitte habe die SED-Kulturfunktionäre mit seiner Kunst immer wieder irritiert. Im Westen habe Sitte Bewunderer und Sammler gefunden. Erst nach der Wende hätten sich Kräfte geregt, die ihn "in eine Schublade einschließen wollten". Das sei ein Unterfangen, dass bei einem "so vielschichtigen und problematischen Werk kaum gelingen kann". Die Sitte-Ausstellung sollte ursprünglich zur Jahresmitte eröffnet werden. Das Museum hatte sie im Dezember überraschend abgesagt und eine Verschiebung auf das Jahr 2003 in Aussicht gestellt. Es bestehe noch Bedarf bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Person des Künstlers, hieß es zur Begründung. Sitte zog schließlich seine Zusage zurück. Zu DDR-Zeiten stand Sitte von 1974 bis 1988 dem Verband Bildender Künstler als Präsident vor. (APA/dpa)