Aus Gerüchten wird Ernst: Georg Kofler, der Pro Sieben zum börsennotierten Medienkonzern ausgebaut hat, gibt den Vorstandsvorsitz ab, wie er Dienstag abend bei der Telemesse in Düsseldorf offiziell bekanntgab. Er will sich künftig als selbständiger Medienunternehmer betätigen, wie etwa "Der Standard" bereits vor Wochen berichtete. Kofler engagierte sich bereits in der vergangenen Zeit privat bei New-Media-Firmen. Nach Koflers Angaben will er seinen bis Ende 2000 laufendne Vertrag mit Pro Sieben erfüllen, Gerüchte sprechen allerdings von einem früheren Rückzug schon zu Beginn des kommenden Jahres. Das deutsche Privatfernsehen wird damit spätestens Ende des Jahres 2000 um eine Persönlichkeit ärmer. ProSieben-Gründer Georg Kofler hat am Dienstag Abend in Düsseldorf vor Beginn der Telemesse angekündigt, sich in knapp eineinhalb Jahren vom Posten des Vorstandsvorsitzenden der ProSieben-Media-AG zurückzuziehen. Mit dem gebürtigen Südtiroler verschwindet dann der letzte Pionier des deutschen Privatfernsehens von der Bildfläche. Schon seit längerem kursierten Gerüchte um Koflers Rücktritt. Doch der Zeitpunkt, als der 42-jährige am Dienstag Abend mit leicht zitternder Stimme nach der Präsentation der Programme von ProSieben, Kabel 1 und den neuen Nachrichtenkanal N 24 das Schlusswort in eigener Sache sprach, kam überraschend. Er wolle sich danach um seine Aktivitäten als selbstständiger Medienunternehmer kümmern, sagte Kofler. Präziseres wollte er nicht sagen. Die Entscheidung aber, die er seinem Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Reischl kurz vorher mitgeteilt hatte, muss länger in ihm gereift haben. "Ich bin froh, dass die Fakten jetzt auf dem Tisch liegen", sagte Kofler der dpa. "Ich kann nun meinen Traum erfüllen und selbstständig werden." Kofler, der 15 Prozent am Einkaufssender HOT hält, sagte, er werde allein mit dieser Beteiligung mehr verdienen, als mit seinem Gehalt als Vorstandsvorsitzender. Über seine Nachfolge ist noch nicht entschieden. Beobachter analysierten bereits vor geraumer Zeit, dass der charismatische, kräftig gebaute Mann mit der harsch klingenden Stimme nie einen direkten Nachfolger aufgebaut habe. Im ProSieben-Unternehmen ist die Rede davon, dass der Posten "von außen" besetzt werde. Den Geschäftsführern seiner Unternehmensgruppe, zu der neben ProSieben unter anderem Kabel 1, HOT und der neue Nachrichtensender N 24 gehören, werden derzeit keine Chancen eingeräumt, ebenso wenig dem neuen Fernsehvorstand Ludwig Bauer. Kofler baute im Schatten des übermächtigen Mediengiganten Leo Kirch sein eigenes Reich auf. 1988 übernahm er die Leitung des konkurrenzreifen Senders Eureka und ging mit ProSieben bereits Anfang 1989 auf Sendung. Mit Lizenzproduktionen vornehmlich aus dem Hause Kirch entwickelte sich der Kanal rasch zu Deutschlands Spielfilmsender Nummer eins. Das Unternehmen ging 1997 an die Börse. Die Stammaktien halten Leo Kirchs Sohn Thomas und der Rewe-Konzern. ProSieben rechnet 1999 mit mehr als zwei Mrd. DM (eine Mrd. Euro/14,1 Mrd. S) Umsatz. Kofler dachte schon zu Beginn der neunziger Jahre weiter. Der Visionär konzipierte ein Medienunternehmen, das jedoch nicht alle Ziele erreichte. Der auf ältere Zuschauer zugeschnittene Sender Kabel plus durfte auf Geheiß der Medienmächte nicht auf Sendung gehen, weil die zu Kirch zählenden Marktanteile die zulässige Höchstgrenze überschritten hätten. Von seinen Plänen zum Digital-TV ließ Kofler ab, als er merkte, dass Kirchs DF 1 nicht aus den Startlöchern kam. Auch der Kernsender ProSieben blieb vor Rückschlägen nicht verschont. Als die Lizenzausstrahlungen abnahmen, und der Sender mehr Eigenproduktionen auf den Bildschirm brachte, entstanden "Flops", wie Kofler eingesteht. Die Serien "Gletscherclan", "Deltateam" und "Jets - Leben am Limit" konnten nicht reüssieren. "Das Risikopotential wird größer", sagte Kofler. Das neueste Problem von ProSieben: Die tägliche Serie "Mallorca". Wenn sie nicht bis zum Herbst deutlich zulegt, wird sie abgesetzt. (APA)