Mürzzuschlag - Die Kunst des Hans Kupelwieser ist immer dynamisch, weil sie von Buchstaben und Schriften handelt. Wenn der Galeriebesucher auf sie trifft, wie derzeit in der Galerie des Kunsthauses Mürzzuschlag, kann er sie ad hoc nutzen, ihr etwas Wesentliches zuordnen. Kupelwiesers Kunst hat dann auch eine praktische Funktion. Konkret steht also unter dem Galeriegewölbe ein Paravent, der wie eine Garderobe ausgestattet ist. Die einzelnen Tafeln bestehen aus dickem, gestanztem Blech, die Schablone dazu wurde auf dem Computer generiert, indem vom Text des Futuristischen Manifests von Beginn des vorigen Jahrhunderts alle Zeilenabstände weggenommen wurden. Dadurch wird der Text der Form nach verdichtet und verkettet wie ein Gewebe. Er wird zur frei stehenden - und dann tragenden - Form. Die Besucher, die Taschen und Kleidungsstücke daran hängen, lassen die abstrakte Schrift für eine begrenzte Zeit zusätzlich noch ganz Bild sein. Und diese Bild-Text-Einheit verändert sich rasch, nimmt im Umfang zu, bauscht sich oder magert ab, ebenso wie Lettern und Texte fett oder mager sein können. Die Schrifttafeln filtern darüber hinaus die räumliche Wahrnehmung, wie jeder Text, und ein Manifest im Besonderen, eine Erkenntnis mitteilen möchte. Der Künstler macht mit der Herstellung des Werks diesen Aneignungsprozess anschaulich und nachvollziehbar. Der Sauerstoff als Künstler Ein zweiter Teil der Ausstellung besteht aus einer Reihe rostiger Bilder, die durch das Auflegen der Blechplatten auf Papier entstanden sind. Auch hier gibt der Künstler sein Werk preis, lässt er den Sauerstoff agieren und fördert er eine Dynamisierung. Die Wirkung des Rostes geht mit der des Künstlers einher. Hans Kupelwieser weiß das und macht das verborgene, aber umso nachhaltigere Agieren sichtbar. Der Text erhält damit etwas Auratisches, nicht nur bildlich gesprochen. Er ist nicht mehr dreidimensional und braucht nun als Träger das Papier. Dieses wirkt wie Fotopapier bei einem Fotogramm, das heißt die Bilderzeugung erfolgt durch den Zeitablauf. Eine zweite Skulptur erscheint auf den ersten Blick wie ein Tisch oder wie eine Theke, weil der obere Teil aus einem langen, quaderförmigen Blechkörper besteht. Dieses Falzblech umschließt mehrere Stühle unterschiedlicher Bauart oder möglicherweise auch nur Stuhlbeine und wird eigentlich durch sie ganz ausgefüllt. Das Werk ist ein Kontrapunkt zum Paravent und wuchtiger. Hans Kupelwieser löst es jedoch ähnlich auf wie Letzteren. Im Schattenriss von unten wie ein Fotogramm aufgenommen, ergibt sich auf dem Bild ein klares Gefüge aus runden und geraden Formen, eine Abfolge, die an die Logik einer Maschine denken lässt. Hans Kupelwiesers Skulptur ist viel eher ein Möbelstück und hat auch die entsprechende Größe, sie wirkt beiläufiger als der Paravent und verlangt einem mehr als einen Blick ab. Bis 25. 2. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22. 2. 2001).