Europa
Mutmaßlicher kroatischer Kriegsverbrecher Norac festgenommen
Gerichtsverfahren in Kroatien - Haager Tribunal erhebt keine Anklage
Zagreb - Der als mutmaßlicher Kriegsverbrecher gesuchte kroatische Generalmajor im Ruhestand, Mirko Norac, ist am
Mittwoch nach zweiwöchiger Fahndung festgenommen worden. Ein Polizeisprecher sagte, Norac solle in die Hafenstadt Rijeka gebracht und
dort vor einem Regionalgericht vernommen werden. Dieses wird vermutlich entscheiden, ob er weiter in Polizeigewahrsam bleibt oder für die
Dauer weiterer Ermittlungen freikommt.
Die Umstände der Festnahme waren zunächst nicht bekannt. Kurz vorher hatte das UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag mitgeteilt,
keine Anklage gegen Norac zu erheben. Danach forderte Ministerpräsident Ivica Racan ihn auf, sich zu stellen. Norac ist der ranghöchste
kroatische Militärvertreter, gegen den wegen Kriegsverbrechen ermittelt wird.
Sache der kroatischen Justiz
Norac wird vorgeworfen, 1991 bei einem Massaker in der Stadt Gospic serbische Zivilisten ermordet zu haben. Ministerpräsident Racan
kündigte an, das Haager Tribunal werde seine bisherigen Ermittlungsergebnisse zur Verfügung stellen. Er erwarte, dass Norac nun der
Vorladung des Gerichtes Folge leisten werde. Er könne garantieren, dass der "Fall Gospic" Sache der kroatischen Justiz sei.
Ein Sprecher der Polizei teilte mit, Norac befinde sich im Gewahrsam der Polizei und werde zum Gericht von Rijeka gebracht. Weitere
Einzelheiten nannte der Sprecher nicht. Der Ex-General war Anfang Februar einer Vorladung zum Verhör vor einem Gericht in Rijeka nicht
gefolgt. Er hatte angekündigt, sich erst dann den kroatischen Behörden zu stellen, wenn garantiert sei, dass er nicht an das Haager Tribunal
überstellt werde.
Proteste gegen Verfahren
Mehr als 100.000 Menschen hatten Mitte Februar gegen die Absicht der Regierung protestiert, Norac wegen Kriegsverbrechen vor Gericht
zu stellen. Nationalisten, Kriegsveteranen und ehemalige Generäle hatten den Rücktritt Racans gefordert und Norac als Volkshelden gefeiert.
Eine Sprecherin des Haager Tribunals teilte mit, die Einigung mit der kroatischen Regierung betreffe nur Norac und keine weiteren Fälle von
möglichen kroatischen Kriegsverbrechen. Vor dem Haager Tribunal ist auch der frühere jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic wegen
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Kosovo-Krieg angeklagt. (APA/AP/dpa)