London/Brüssel - Nach dem sechsten Fall von Maul- und Klauenseuche sind in Großbritannien alle Viehtransporte für zunächst sieben Tage verboten worden. Dies teilte Landwirtschaftsminister Nick Brown am Freitag in London mit. Die britische Veterinärbehörde glaubt unterdessen, dass sie den Seuchenherd gefunden hat. Ein Sprecher der Behörde sagte, man glaube, dass die Krankheit vom Dorf Heddon-on-the-Wall in der Nähe von Newcastle upon Tyne (Northumberland) ausgegangen ist. In einem nur vier Kilometer von dort entfernten Ort war am Freitagnachmittag der sechste Fall von Maul- und Klauenseuche festgestellt worden. Bisher hatte es nur Fälle im Süden gegeben. Hilfe von Blair Der britische Premierminister Tony Blair stellte den betroffenen Bauern Hilfe in Aussicht. Die Seuche sei "nun wirklich das Letzte", was die BSE-gebeutelten Farmer gebrauchen könnten, sagte er. Landwirtschaftsminister Nick Brown rief zu größter Vorsicht auf: "Für die Öffentlichkeit bedeutet das, den Kontakt mit Vieh und Höfen so weit wie möglich zu vermeiden, für die Farmer bedeutet es, die höchsten Hygienestandards einzuhalten." Quarantäne Weite Teile Großbritanniens standen praktisch unter Quarantäne: Die Briefträger zum Beispiel brachten dort die Post nur noch ans Hoftor. Im ganzen Land wurden alle Jagden bis auf weiteres abgesagt, da Weidmänner oder ihre Hunde das Virus weiter verbreiten könnten. Auf den Viehmärkten fiel der Preis für Rinder, Schafe und Schweine um 25 Prozent. Der Fleischverkauf im Supermarkt nahm jedoch nicht ab. Belgien sperrte die Viehmärkte für eine Woche. Spanien verschärfte die Einfuhrkontrollen. Grenzschutz Zum Schutz vor einem Übergreifen der Maul-und Klauenseuche aus Großbritannien haben Armee und Polizei in Irland die Kontrollen an den Grenzen zu Nordirland drastisch verschärft. Rund 500 Polizeibeamte und 300 Soldaten wurden am Freitag an den Übergängen der 386 Kilometer langen Grenze postiert, wie ein Armeesprecher am Freitag in Dublin mitteilte. Diese Maßnahme solle so lange bestehen bleiben, wie eine Bedrohung für die irische Viehzucht bestehe. Auch an Häfen und Flughäfen wurden die Kontrollen verstärkt, um eine Ausbreitung der in Großbritannien ausgebrochenen und für Tiere hoch infektiösen Seuche zu verhindern. Der irische Landwirtschaftsminister Joe Walsh erklärte, ein Ausbrechen der Maul- und Klauenseuche könne "enormen wirtschaftlichen Schaden" verursachen. Die Seuche brach in Irland zuletzt im Jahr 1941 aus. Sie kann auf alle Wiederkäuer sowie Schweine übertragen werden. Übertragung Das in England um sich greifende Virus vom Typ O kann nach Experten-Angaben auf vier verschiedene Arten übertragen werden: durch den Transport von Tieren; durch ausgeatmete Viren der Tiere in der Luft; durch infiziertes Tierfleisch; oder durch eine Person, ein Kleidungsstück oder jeden anderen Gegenstand, der mit einem befallenen Tier in Kontakt gekommen ist. Virus aus Asien Da das Virus aus Asien stammt, lebendes Vieh aus Asien in Großbritannien aber nicht eingeführt werden darf, gilt eine Übertragung durch ein Wurstbrot oder ein anderes Fleischprodukt als wahrscheinlich. "In einigen Kulturen ist es Sitte, Lebensmittel als Geschenke mitzubringen, wenn man Freunde oder Verwandte im Ausland besucht", sagte Paul Kitching vom britischen Institut für Tierkrankheiten. "Es kann zum Beispiel sein, dass jemand etwas zu essen aus einer Region oder einem Land mitbringt, in dem die Krankheit grassiert, und wenn man das dann zum Beispiel einem Schwein zum Fressen hinwirft, wird das Virus übertragen." Teile der britischen Presse forderten am Freitag eine schnelle Aufhebung des Exportverbots für britische Rinder, Schafe und Schweine. Die konservative "Times" schrieb: "(Landwirtschaftsminister) Brown muss sich jedem Versuch anderer EU-Länder widersetzen, das Exportverbot im Interesse ihrer eigenen gebeutelten Bauern zu verlängern." Die "kontinentalen Lobby-Gruppen" wollten die Seuche nutzen, um die britische Konkurrenz zu schädigen. (APA/dpa)