Wien - Die wechselvolle Beziehung des Chefs der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Yasser Arafat, zu Österreich geht auf die 70er Jahre zurück. Der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky war ein "Vorkämpfer" für die Anerkennung der PLO als legitime Vertretung des palästinensischen Volkes. Bei einer Nahost-Sondierungsmission der Sozialistischen Internationale (SI) kam es im Winter 1975 zum ersten Treffen Kreiskys mit Arafat. Ende Jänner 1977 errichtete die PLO ein Büro bei den in Wien ansässigen internationalen Organisationen. Im Juni 1979 empfing Kreisky als erster westlicher Regierungschef Arafat trotz scharfen Protests Israels in Wien. Nach diesem Besuch wurde das Wiener PLO-Büro aufgewertet: Der Leiter des Büros, Ghazi Hussein, wurde im März 1980 als PLO-Vertreter in Österreich akkreditiert. Getrübt wurde das Verhältnis, als im Sommer 1981 die Verwicklung Husseins in eine Waffenimportaffäre extremistischer arabischer Kreise aufgedeckt wurde. Auch Arafats lobende Worte für die Ermordung des ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat im Oktober 1981 stießen auf scharfe Ablehnung Österreichs. Der Entsendung eines neuen PLO-Vertreters nach Wien wurde vorerst nicht zugestimmt. Bei einer anschließenden Reise Kreiskys in die Golfstaaten kam es zu einer Aussprache mit Arafat. Im Juli 1982 wurde der neue PLO-Vertreter Abdallah Frangi in Wien akkreditiert. Im Dezember dieses Jahres besuchte Arafat Kreisky in dessen Sommerhaus auf der Mittelmeerinsel Mallorca. Auch nach dem Rücktritt Kreiskys als Bundeskanzler rissen die Kontakte zwischen Österreich und der PLO nicht ab. So wurde Arafat im Juli 1986 von dem damals erst kurz amtierenden Bundeskanzler Franz Vranitzky in Wien empfangen. Es folgten zahlreiche weitere Zusammentreffen. In der Diskussion um die Kriegsvergangenheit des damaligen Bundespräsidenten Kurt Waldheim bekundete Arafat mehrmals Sympathie und Unterstützung für Waldheim. Waldheim war bereits 1974 als UNO-Generalsekretär mit dem PLO-Chef zusammengetroffen, der damals seinen ersten spektakulären Auftritt vor der UNO in New York hatte. Arafat wurde dann von Bundespräsident Waldheim im Dezember 1988 in Wien empfangen. Ein Jahr später kam es zu einem weiteren Zusammentreffen im Rahmen eines Staatsbesuchs Waldheims in Tunesien. Bei dem Österreich-Besuch 1988 wurde Arafat erstmals von allen politischen Spitzen des Landes empfangen. Österreich hat in diesem Jahr seinen Botschafter in Tunis im PLO-Hauptquartier mitakkreditiert und dem PLO-Vertreter in Wien den Botschaftertitel zuerkannt. Im August 1990 nahm Arafat am Begräbnis Kreiskys in Wien teil. In den 90er Jahren manövrierte sich Arafat zunächst ins politische Abseits, als er während des Golfkriegs 1990/91 Position für den Irak bezog. Die Kontakte zu Österreich lebten rasch wieder auf. Offizielle Besuche Arafats in Österreich fanden im Mai 1993 und im Dezember 1996 statt. Intensiviert wurden die österreichischen Kontakte mit der PLO im Zusammenhang mit dem EU-Vorsitz Österreichs im zweiten Halbjahr 1998. Im März 1998 besuchte der damalige Bundespräsident Viktor Klima den PLO-Chef in Gaza. Im Oktober 1999 traf Arafat zu einem Arbeitsgespräch mit dem damaligen Noch-Bundeskanzler Klima und Außenminister Wolfgang Schüssel in Wien zusammen. Der für heute, Donnerstag, überraschend angekündigte Besuch Arafats in Österreich ist das erste Zusammentreffen Schüssels mit dem PLO-Chef seit seinem Amtsantritt als Bundeskanzler vor einem Jahr. (APA)