Wien - Dieses Schlachtfeld ist uralt, ebenso wie der Kampf, der darauf ausgetragen wird: Da prallt wieder einmal die reine Macht des Herzens auf das knallharte Vernunftkalkül der Alten. Ausgetragen wird diese ewige, sonst die Tränendrüsen drückende, diesmal aber das Zwerchfell erschütternde Partie im Theater Akzent, in Erhard Pauers Inszenierung von Molières Die Streiche des Scapin für das Volkstheater in den Bezirken. Die Konstellation ist Commedia dell'arte pur. Octave (Horst Heiß) liebt rasend die scheinbar mittellose Hyacinthe (reizend: Susanne Holl). Sein Vater ist entsetzt. Leandre, ein Heißsporn, (Stefan Puntigam) betet rasend, aber societymäßig völlig daneben, die scheinbare Zigeunerin Zerbinette (ein allerliebstes Schnattergänschen: Krista Pauer) an. Dessen Vater Géronte würde sofort der Schlag treffen, wenn er davon wüsste. Bevor aber das Streichekarussell des Scapin in Bewegung kommt, werden die Zuschauer in ein Vorspiel verwickelt. Erhard Pauer hat seine vergnügliche Inszenierung in den Rahmen einer öffentlichen Probe gestellt, was Gelegenheit zu allerhand Backstage-Späßen, Gesangseinlagen und Galgenhumor gibt, weil "des Theater gibt's a bald nimmer". Da werden Mimen-Eitelkeiten dem Lachen preisgegeben, präsentiert sich Thomas Stolzeti als urcooler, alles im Griff habender Regisseur, der sich selber mit der Hauptrolle besetzt hat. Mit diesem Scapin, dem Schlitzohr, das der Jugend gegen den Starrsinn der Väter zu ihrem Glück verhelfen soll, schlägt dann die Stunde des glänzenden Komödianten Stolzeti. Wie er sich als Ränkeschmied aufplustert im Leinenanzug (Kostüme: Eszter Kovasznay), wie er sein Gesicht pfiffig in Falten legt, die Alten (Werner Prinz und Manfred Jaksch) umsäuselt und souverän um den Finger wickelt, das ist ganz einfach ein deftiger Komödienspaß. Und vor der drohenden Auflösung ein kräftiges Lebenszeichen des Volkstheaters in den Bezirken. Die Abonnenten können sich auf etwas freuen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23. 2. 2001) >