Wien - Auf dem Papier wäre sich alles so schön ausgegangen. Vier Milliarden Schilling Sanierungsbedarf für die Krankenkassen wurden von Sozialpartnern und Sozialministerium beim Kassengipfel verteilt auf vier Posten: Mehrwertsteuerausgleich (1,1 Mrd. Schilling), ärztliche Leistungen (1,5 Mrd. S), Medikamente (eine Mrd. S) und Verwaltung (400 Millionen). So hätte die Konsolidierung der Kassen gelingen sollen. Jetzt zerbröselt ein Posten nach dem anderen. Nach der Weigerung von Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FP), den von seinen Parteikollegen Sozialminister Herbert Haupt und Gesundheitsstaatssekretär Reinhart Waneck mit Gewerkschaft und Wirtschaft ausgeheckten Plan, vom Staat die Mehrwertsteuer ersetzt zu bekommen, umzusetzen, musste Haupt am Freitag massive Kritik der Ärzte parieren. Haupt teilte dazu die Ärzte in Spitzenverdiener und andere ein. Das Pendant zum "kleinen Mann", der "kleine Arzt", soll diesem Umverteilungsplan zufolge eine höhere Valorisierung des Einkommens erhalten als ein Spitzenverdiener (derzeit bekommen alle vier Prozent jährlich). Für das obere Einkommenssegment kann sich Haupt einen ein- bis zweijährigen Stillstand vorstellen. Dieser "vernünftige Ausgleich" wäre, so Haupt, "durchaus verkraftbar". Und die Patienten bekämen die gleichen Leistungen ohne Beitragserhöhung. Verbrüderungsrausch Jörg Bruckner, Bundesobmann der niedergelassenen Ärzte, kritisierte das Sozialpartnerkonzept als "eine im Verbrüderungsrausch geklebte Makulatur", das "als Auftrag zur Verschlechterung der Gesundheitsversorgung" zu verstehen sei. Auch vom Hausärzteverband kam Kritik an Einsparungen bei Medikamenten und Ärztehonoraren. Gespalten beurteilte FP-Gesundheitssprecher Alois Pumberger die Sparpläne. Dass Grasser den Mehrwertsteuerersatz ablehne, sei richtig, wäre dies doch "Etikettenschwindel und eine verdeckte Beitragserhöhung". Mögliche Kürzungen der Ärztehonorare lehnt Pumberger, selbst Arzt, hingegen ab. Ambulanzbesuche wären für das System noch teurer als Arztbesuche. AK-Vizepräsident Alfred Dirnberger (ÖAAB) meinte, Grasser solle Waneck, der das Konzept voll akzeptiert habe, nicht desavouieren. (nim/DER STANDARD, Printausgabe, 24./25.2.2001)