Wien - Östrogene und Brustkrebs: Die Dosis macht die Krankheit. "Es stellt sich immer mehr heraus, dass die individuelle Östrogen-Konzentration im Blutserum bzw. im Gewebe der entscheidende Faktor für die Entstehung von Brustkrebs ist. Das muss man bei der Dosierung von Hormonpräparaten berücksichtigen." - Dies erklärte auf der Basis einer vor kurzem im "New England Journal of Medicine" erschienen Übersichtsarbeit zu dem Thema der Wiener Gynäkologe und Hormonspezialist Univ.-Prof.DDr. Johannes Huber. "Östrogen und das Risiko für Brustkrebs", lautete der Titel Übersichtsarbeit, die die kanadischen Experten Mark Clemons und Paul Goss am 25. Jänner nach Durchsicht in den vergangenen Jahren erschienenen Fachliteratur zu dem Thema veröffentlicht haben. Huber, an der Wiener Universitäts-Frauenklinik seit vielen Jahren Spezialist für Fragen der hormonellen Empfängnisverhütung und der Hormonsubstitution nach der Menopause: "Dieser Bericht zeigt ganz deutlich, wie sehr eine Gefährdung von der Situation bei der einzelnen Frau abhängt." Der Hintergrund: Viele Brustkrebs-Erkrankungen sind Östrogen-abhängig. Das bedeutet, dass der Tumor den Wachstumsimpuls des weiblichen Geschlechtshormons benötigt. Östrogene verstärken insgesamt die Zellteilung, was gefährdete Zellen schneller in die Bösartigkeit hinein treiben kann. Was sich aus den zahlreichen wissenschaftlichen Studien ergibt:
  • Die "Pille" erhöht - wenn überhaupt - das Brustkrebsrisiko nur wenig.

  • Eine Hormon-Ersatztherapie vergrößert die Mammakarzinom-Gefährdung etwas, aber kaum über die Behandlung hinaus. Einen Einfluss auf die Sterblichkeit hat das nicht. Im Gegenteil: Frauen unter Hormonersatztherapie leben zumeist länger.

  • Allerdings: Misst man die Östrogen-Konzentration im Blut, haben Frauen mit Werten im höchsten Drittel das fünffache Brustkrebsrisiko von Frauen im untersten Drittel.
Huber: "Wichtig ist aber nicht nur die Östrogen-Konzentration im Blut. Es gibt auch sekundäre Befunde, die auf viel Östrogen im Gewebe hinweisen. So zum Beispiel haben Frauen mit einer hohen Knochendichte (das Gegenteil wäre die krankhafte Osteoporose, Anm.) höhere Östrogenwerte. Wenn sich bei einer Frau im Rahmen der Mammographie herausstellt, dass die Brust sehr 'dicht' ist, kann das ebenfalls ein Hinweis auf hohe Östrogen-Konzentrationen sein." Das alles sollte laut dem Wiener Experten natürlich Auswirkungen auf die Verschreibung von Östrogen-hältigen Arzneimitteln wie "Pille" oder Hormonersatz-Therapie haben. Huber: "Wenn die Angelegenheit von der Dosis abhängig ist, dann sollten 'Pille' bzw. Hormonersatz-Therapie auch individuell abgestimmt werden." (APA)