Wien - Die Aufsichtsratssitzung am kommenden Dienstag wird für die Telekom Austria zur Zerreißprobe. Auf der Tagesordnung steht der große Brocken "Budget 2001" - seit jeher ein Zankapfel zwischen den beiden Großaktionären ÖIAG (47,8 Prozent) und Telecom Italia (29,8 Prozent). Ein Blick auf die angepeilten Budgetzahlen macht deutlich, dass der Vierervorstand um Heinz Sundt heuer einen Spagat schaffen muss: Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) der Telekom Austria AG soll von minus 1,3 Milliarden Schilling im Vorjahr auf plus 1,9 Mrd. S gedreht werden. Der Umsatz soll relativ stabil bleiben, er lag im Vorjahr bei knapp 40 Mrd. S. Beim operativen Ergebnis (EGT) ist die Herausforderung noch größer: Nach 2,6 Mrd. S im Jahr 2000 will man mit 1,2 Mrd. S in die schwarzen Zahlen kommen - in Summe sind also knapp vier Milliarden Schilling notwendig, um die Vorgaben zu erfüllen. Der Logik der Ersteller des Businessplans folgend, soll die Telekom Austria heuer einen Bilanzgewinn von knapp 170 Mio. S ausweisen, was nach einem Verlust von 6,9 Mrd. Schilling im Vorjahr einem übermenschlichen Kraftakt gleichkäme. Kein Wunder, dass ÖIAG- und TA-Aufsichtsratschef Johannes Ditz über Zahlen nicht sprechen will. "Ich sehe die Telekom momentan in einer sehr sensiblen, kritischen Situation", sagte Ditz im Gespräch mit dem Standard. "Aber wir werden die Investorenerwartungen halten." Der Budgetplan, über den beide Eigentümer und der Vorstand bereits vor dem Börsengang im November heftig gestritten hatten, heizt das gespannte Klima zusätzlich an. Wie berichtet, tobt im Telekom-Vorstand ein Kampf, wer im Exmonopolisten den Ton angibt. Der Disput hat sich diese Woche zugespitzt und könnte am Dienstag im Rücktritt des gesamten Managements gipfeln. Der erst im Frühjahr 2000 bestellte Heinz Sundt hat der ÖIAG Mitte dieser Woche die Vertrauensfrage gestellt: Entweder er könne mit einem Team seiner Wahl weiterarbeiten, oder er stelle seinen Chefsessel zur Verfügung. Diesem Wunsch dürfte die ÖIAG nicht entsprechen können, denn auf die Wahl des Marketingvorstands - an Heinz Brasic scheiden sich offenbar die Geister - können die österreichischen Eigentümervertreter praktisch keinen Einfluss nehmen. Er wird laut Syndikatsvertrag zehn Jahre lang von den Italienern besetzt. Brasic, der der ÖIAG als neuer TA-Chef konvenieren dürfte, mit dem aber nicht nur die Belegschaftsvertretung ihre Probleme hat, ist seinerseits wegen der neuen Dachmarke Jet2Web gehörig unter Beschuss gekommen. Machtzuwachs Dass Heinz Sundt als Frühstücksdirektor" bleibt, scheint ausgeschlossen, er dürfte ausscheiden, wenn ihm die ÖIAG den Rücken nicht stärkt. Falls künftig der ehemalige Nokia- Austria-Chef die erste Geige spielt im krisengeschüttelten Telekomriesen, wäre dies allerdings ein deutliches Zeichen für eine weitere grundlegende Neuausrichtung: Von Telecom Italia nominiert und mit dem Vertrauen der Österreicher ausgestattet - das käme einer Machtübernahme durch die Italiener gleich. In diesem Sinn gebührt der Reise, die ÖIAG-Chef Ditz am Donnerstagnachmittag überraschend nach Italien antrat, besondere Aufmerksamkeit. "Es gibt keine Verhandlungen über den Verkauf weiterer Anteile", betonte Ditz im Vorfeld. Ob Technikvorstand Rudolf Fischer die Rochade für eine Veränderung nutzen kann - er wollte immer ins Marketing - ist ungewiss. Insider vermuten, der ÖIAG-Chef habe bereits einen neuen Mann im Talon. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Printausgabe 24.2.2001)