Teheran - Die Meldung platzte wie eine Bombe: Ali Fallahian, der frühere iranische Geheimdienstchef und beim Mykonos-Prozess in Berlin als Auftraggeber von zwei Morden an iranischen Oppositionellen genannt, wird bei den Präsidentschaftswahlen im Juni kandidieren. Kaum eine Meldung in den letzten Monaten hat die iranische Öffentlichkeit derart überrascht, fast allen Zeitungen war sie das Titelblatt wert. Fallahian wurde nicht nur von einem deutschen Gericht der dunklen Machenschaften beschuldigt, auch im Iran verdächtigen ihn liberale Kräfte, Drahtzieher der Mordserie an Intellektuellen vor drei Jahren gewesen zu sein. Es gibt in dieser Sache zwar schon Urteile gegen Geheimdienstangehörige, die Angehörigen der Opfer vermuten aber weiter, dass die Befehle von oben - von Fallahian - kamen. Der 51-jährige Fallahian begann seine politische Laufbahn während der ersten Tage der Revolution. Er war Chef des gefürchteten Revolutionskomitees und, bevor er von Hashemi Rafsandjani in ein Kabinett berufen wurde, Richter bei einem klerikalen Gericht. Von 1989 bis 1997 war er Geheimdienstchef und verlor erst durch die Wahl von Präsident Mohammed Khatami seinen Posten. Im Februar versuchte er ein politisches Comeback und kandidierte ohne Erfolg für einen Parlamentssitz. Mit weniger als fünf Prozent erlitt er eine peinliche Niederlage. Wunsch nach Rehabilitierung "Was veranlasst den im Mykonos-Prozess schuldig gesprochenen und per internationalem Haftbefehl gesuchten Fallahian, gegen einen sehr beliebten Präsidenten ins Feld zu ziehen, wenn er von Anfang an sicher sein kann, dass er keine Chancen hat?", fragt die Zeitung Hajat-e Nou in einem Kommentar und analysiert, dass Fallahian durch seine Kandidatur, die bestimmt von Wächterrat genehmigt wird, quasi eine Rehabilitierung anstrebt. Jede Kritik an ihm würde dann zugleich eine am Wächterrat bedeuten. Demokratie scheint sogar in reaktionären Kreisen ein Thema zu sein, meint die Zeitung Aftabe Jasi und begrüßt die Kandidatur. Aber "bevor er offiziell antritt, soll er zur Aufklärung der Intellektuellen-Morde im Iran beitragen. Erst dann kann er sich der Wahl stellen", meint Doran Emros. Neben Fallahian hat bis jetzt nur eine Frau ihre Kandidatur angemeldet, die zur rechten politischen Szene gehört. Obwohl die konservativen Kräfte im Iran, wie sie mehrmals betont haben, bei der Präsidentschaftswahl aktiv mitwirken wollen, konnten sie sich bis jetzt nicht auf einen Kandidaten einigen - wohl deswegen, weil sie sich, falls Khatami noch einmal antritt, keine Chancen ausrechnen können. Aber dieser lässt die Iraner und Iranerinnen weiter auf die Ankündigung warten. "Es eilt nicht, er hat noch bis April Zeit", meint dazu sein Bruder, der Parlamentsabgeordnete Mohammed-Reza Khatami im Gespräch mit Journalisten. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 24. 2. 2001)