Hamburg - Angesichts des dramatischen Kursverfalls der T-Aktie soll nach Informationen der "Welt am Sonntag" bereits hinter den Kulissen nach einem Nachfolger für den deutschen Telekomchef Ron Sommer gesucht werden. In Regierungskreisen werde jetzt darüber spekuliert, ob Sommers Zeit noch in dieser Woche ablaufe, schrieb das Blatt. Den Angaben zufolge soll der Aufsichtsrat der Telekom bereits potenzielle Nachfolger für den Telekom-Chef sondiert haben. Ein Telekom-Sprecher wies den Bericht entschieden zurück. Die Spekulationen entbehrten jeder Grundlage, sagte der Telekom-Sprecher. Noch in der vergangenen Woche habe sich der Aufsichtsrat voll hinter Sommer gestellt und ihm das Vertrauen ausgesprochen. Die "Welt am Sonntag" schrieb dagegen, als mögliche Nachfolgekandidaten würden Bahn-Aufsichtsratschef Dieter Vogel, Carsten Schloter, Vorstandsmitglied bei der Swisscom, und Vertriebs-Telekomvorstand Josef Brauner gelten. Demission angeboten haben Sommer, der zum Wochenschluss betont hatte, er wackele nicht, soll nach Informationen des Blattes bereits zu Beginn der Woche dem Telekom-Aufsichtsratschef Hans-Dietrich Winkhaus seine Demission angeboten haben, wenn die Bundesregierung ihm nicht eine Ehrenerklärung gebe. Doch Kanzler Gerhard Schröder soll diese Bitte mit einem "deutlichen Nein" verwehrt haben. Schlusspunkt eines offenbar seit langem gestörten Verhältnisses, schrieb das Blatt. So soll Sommer bereits im Vorfeld der UMTS-Versteigerung vergangenen Herbst vor den kostentreibenden Regeln der Versteigerung gewarnt und um ein Termin beim Kanzler gebeten haben. Auch diese Anfrage soll Bundeskanzler Schröder verneint haben. Sommer soll kaum noch Kontakt ins Kanzleramt sowie ins Wirtschafts- und Finanzministerium haben, heiße es. Das Blatt zitierte einen nicht näher genannten Insider mit den Worten: "Den engen Draht in die Politik, wie etwa nach der Wahl 1998, gibt es nicht mehr. Das Verhältnis ist endgültig zerstört." Eichel muss intensive Gespräche führen Der FDP-Fraktionsvize Rainer Brüderle forderte nach Angaben der "Welt am Sonntag", Finanzminister Hans Eichel müsse als Hauptaktionär mit Sommer sehr intensive Gespräche führen. Im Sinne der Kleinaktionäre solle nun geprüft werden, ob es Prospekthaftungsansprüche gegen die Telekom gebe. Die FDP habe ein solches Prüfbegehren über den Rechnungshof beantragt, zitierte ihn das Blatt. Elmar Müller, Vorsitzender des Beirats der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, sagte nach Angaben des Blattes: "Ich denke, die Situation hat einen Zeitpunkt erreicht, an dem ein Rücktritt von Ron Sommer unausweichlich ist." Finanzministerium unter Beschuss Zugleich gerate wegen des dramatischen Kursverfalls der T-Aktie nun auch das Finanzministerium unter Beschuss, schrieb die Zeitung. Christine Scheel, finanzpolitische Sprecherin der Grünen und Vorsitzende des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages will nach Informationen des Blattes noch in dieser Woche das Finanzministerium zu einer Stellungnahme auffordern, wie sich die Situation der Telekom aus Sicht der Regierung darstellt. Versäumnisse der Bundesregierung kritisierte Gunnar Uldall, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. "Der Hauptgesellschafter trägt eine große Verantwortung und daher hätten sich Bundeskanzler Schröder und Finanzminister Eichel schon längst einschalten müssen", zitierte ihn das Blatt. (APA/AP)