Wien - Ein verfeinertes System zum Herausfiltern echter Wachstumstitel hat Robert Marcin, früher Portfolio-Manager einer großen US-Broker-Firma, entwickelt. Seine These: Es kommt nicht nur auf das Gewinnwachstum an. Die Umsätze müssen ebenfalls steigen.

Wenn die Gewinne zweistellig, die Umsätze aber nur einstellig wachsen, ist etwas faul. Denn überproportionale Gewinnsteigerungen sind zwar kurzfristig durch Margen-Verbesserungen und Einsparungen erzielbar, längerfristig lässt sich aber das Gewinnwachstum nicht vom Umsatzzuwachs abkoppeln. "Man kann mit vier Prozent jährlichem Umsatzwachstum sogar sieben bis acht Prozent Gewinnwachstum erzielen, aber zehn oder gar 15 Prozent sind da nicht drinnen", sagt Marcin. Das gilt besonders jetzt, wo viele Firmen bereits intensive Kostensparprogramme durchgezogen und ihre Gewinnmarge entsprechend augeweitet haben. Weiter geht es erfahrungsgemäß nicht.

Marcin hatte schon vor Jahren im Barron's-Magazin für die damaligen Börsen-Favoriten Wrigley, Gillette, Coca-Cola und Campbell Soup auf diese Divergenzen hingewiesen. Jetzt hat er für Barron's eine neue Liste erarbeitet. Zu seinen Favoriten zählen General Electric, American Express, Merck und Sun Microsystems. Auf der Liste seiner "Verlierer" finden sich aber ebenso prominente Namen wie Motorola, Gillette und 3M. Bei manchen Titeln, die Marcins Kriterien erfüllen, ist er trotzdem etwas skeptisch, ob sie die hochgesteckten Wallstreet-Erwartungen bezüglich Gewinnzuwachs in den nächsten Jahren erfüllen können.

Zum Beispiel könnte die Technologie-Flaute infolge der wirtschaftlichen Abschwächung Microsoft, Sun oder Hewlett-Packard in die Kategorie "einstelliges Wachstum" zurückwerfen. Ganz abgesehen von der Frage, welchen Wahrscheinlichkeitswert derartige Prognosen über fünf Jahre haben. Die oft überraschenden Gewinnwarnungen der letzten Monate sollten zu denken geben. (dol)