Rostock - Das Internet könnte zum Verlust kultureller Identität und zu einer immer größer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich führen. Diese Auffassung vertritt Heiner Hastedt, Prorektor der Universität Rostock . "Die Begriffe Informationsethik und Internetethik gibt es in der deutschen Wissenschaftslandschaft eigentlich gar nicht", erklärte der Philosoph, der in der kommenden Woche als einziger Deutscher auf einem Kongress in Japan referieren wird. Die Universitäten von Tokio, Hiroshima und Chiba laden Fachleute aus aller Welt zu einer interdisziplinären Tagung zum Thema "Wie wollen wir mit den neuen Informationstechnologien leben?". Bei allen Möglichkeiten, die das Internet bietet, sieht Hastedt zwei wesentliche Gefahren unter ethischem Blickwinkel auf die Gesellschaft zukommen: "Zum einen wird die soziale Ungleichheit eine weitere Differenzierung erfahren, es wird Informations-Reiche und Informations-Arme geben. Zum anderen geraten die verschiedenen Kulturen in einen Vereinheitlichungssog des englischsprachigen, am amerikanischen Vorbild orientierten Internets und gefährden damit die Identität regionaler und nationaler Kulturen," meinte der Professor. "Viele Geisteswissenschaftler widmen sich lieber traditionellen Themen als denen, die direkten Bezug zur aktuellen Lebenswelt haben." Naturwissenschaftler und Techniker seien oftmals nicht bereit, von sich aus über die Folgen ihres Forschens nachzudenken, kritisierte Hastedt. In einer Welt, in der sich immer alles schneller bewege, müssten Inseln der Ruhe her, fordert der Philosoph. Die Forderung "Schulen ans Netz" sei zwar wichtig, sie "darf aber nicht mit einer Verödung der Bibliotheken einhergehen", macht der Professor auf Gefahren eines zu sehr Computer-orientierten Unterrichts aufmerksam. (pte)