Wien - Ein Mann beschwert sich, weil eine Fluglinie nur Frauen aufnimmt. Ein anderer beklagt, dass er von acht Frauen zu Unrecht der sexuellen Belästigung beschuldigt worden sei. - 145 Männer (und 627 Frauen) wandten sich 1999 an die Gleichbehandlungsanwaltschaft. Das müsse nicht unbedingt für große neue Benachteiligung von Männern sprechen, hat Gleichbehandlungsanwältin Ingrid Nikolay-Leitner im Dezember analysiert. Denn was im Einzelfall eine Diskriminierung des Mannes sei, könne generell eine von Frauen sein. Wenn etwa ein Wirt nur Kellnerinnen will, weil die Gäste "Frauen mit ordentlichem Dekolleté" sehen wollen. Oder wenn Männer in einem Betrieb nicht angestellt werden, weil sie "das Lohngefüge durcheinander bringen" - also mehr verdienen. Haupt sieht den Druck Für Frauenminister Herbert Haupt (FPÖ) ist die steigende Zahl der Männer, die sich an die Gleichbehandlungsstelle wenden, der Anlass, eine Männerabteilung zu schaffen: "Es ist evident, dass immer mehr Männer Diskriminierung wie Mobbing am Arbeitsplatz ins Treffen führen." ÖVP-Frauenchefin Maria Rauch-Kallat stimmt dem zu: "Ich sehe den Druck, der auf Männer ausgeübt wird." Die Gleichbehandlungsanwältin durfte auf ausdrücklichen Wunsch des Ministeriums aktuell nicht Stellung nehmen. Das genaue Konzept der Abteilung will Haupt selbst vorstellen. Johannes Berchtold, derzeit Vertragsbediensteter und ehemaliger politischer Berater und stellvertretender Kabinettschef von Exsozialministerin Elisabeth Sickl, baut die männerpolitische Grundsatzabteilung auf. Und umschreibt deren Grundidee im Standard-Gespräch so: "Wenn man Geschlechterpolitik macht, muss man sie für beide Geschlechter machen - für Männer und Frauen." Eine Frauenabteilung gebe es ja. Bis Juni soll die Männerabteilung volle Ressourcen haben. Danach könnte die Leitung ausgeschrieben werden. FPÖ-Klubchef Peter Westenthaler etwa würde es für originell halten, wenn eine Frau die Abteilung leitet: "Es wäre interessant, einen männlichen Frauenminister und eine weibliche Männerabteilungsleiterin zu haben." Petrovic: "Männerbündisches Gejeiere" Andere halten die Idee prinzipiell für nicht originell: Die Wiener SPÖ-Frauensprecherin Martina Ludwig warf Haupt vor, Frauenpolitik durch Männerpolitik zu ersetzen. Die Grüne Madeleine Petrovic konstatierte "männerbündisches Gejeiere", zudem sei die Gleichbehandlungsanwaltschaft für beide Geschlechter zuständig. Haupt konterte: Die Männerabteilung solle nicht "mit der Aufgeregtheit des Weltfrauentages betrachtet" werden. Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer assistierte: "Man soll jetzt nicht so tun, als hätte ein Geschlecht das Paradies auf Erden und das andere nur Probleme." Weitere Kritik der Opposition SPÖ-Bundesfrauensekretärin Bettina Stadlbauer erklärte, wenn Haupt aktiv werde, "kann das nur Schlimmes bedeuten". Die Einrichtung einer Männerabteilung zeige klar, dass Haupt die Realität völlig ignoriere. Er verzichte auf den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, er verschwende keinen Gedanken an die immer noch bestehende Ungleichbehandlung im Beruf und vor allem im Bereich der Führungskräfte, er unternehme nichts, um den Frauen den Wiedereinstieg nach der Karenz zu erleichtern, "aber er widmet den diskriminierten Männern eine eigene Abteilung" - obwohl "die Zahl der diskriminierten Männer jene der in der neuen Männerabteilung Beschäftigten nicht wesentlich übersteigen werde", meinte Stadlbauer. Nach Ansicht des Unabhängigen Frauenforums lautet das neue Spiel Haupts "Männer gegen Frauen". "Nach arm gegen reich, Inländer gegen Ausländer spielt die Regierung nun zusätzlich Männer gegen Frauen aus", hieß es in einer UFF-Aussendung. Unterstützung von Partik-Pable Unterstützung erhielt Haupt von Partik-Pable. Haupt sei der erste Sozialminister, der sich auch der Probleme der Männer in der Gesellschaft annehme. Die Lebenserwartung der Männer liege beispielsweise mit 77 Jahren deutlich unter derjenigen der Frauen mit 82 Jahren. Frauenangelegenheiten würden durch die Einrichtung einer Männerabteilung jedenfalls nicht vernachlässigt. Es gehe schließlich nicht um ein "Entweder-Oder", sondern um ein Miteinander beider Geschlechter, betonte die Wiener FPÖ-Spitzenkandidatin. Zierler gegen Halbe-Halbe FPÖ-Generalsekretärin Theresia Zierler lehnte die Forderung der SPÖ-Frauenvorsitzenden Barbara Prammer ab, die "Halbe-Halbe"-Kampagne wieder aufleben zu lassen. Dass Hausarbeit und Kindererziehung zum Großteil im Verantwortungsbereich von Frauen liegen, könne man sicher nicht mit einer Neuauflage dieser Kampagne lösen. Dazu bedürfe es eines Umdenkprozesses bei Männern, "der sicher auch durch die Einrichtung der Männerabteilung gefördert wird", meinte Zierler. Männerabteilung für Häupl "Unsinn" Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SP) hat am Dienstag vor Journalisten die Einrichtung einer Männerabteilung im Sozialministerium als "Unsinn" abqualifiziert. "Wenn es ein Minister nötig hat, eine Männerabteilung einzurichten, soll er sich in eine Nachdenkphase zurückziehen und überlegen, ob mit ihm alles in Ordnung ist", empfahl er am Dienstag seinem Geschlechtskollegen am Rande seines. Unabhängig vom Faschingdienstag müssten Frauen sich davon "veräppelt" fühlen, meinte Häupl, der in diesem Zusammenhang extra ein "deutsches" Wort verwendete, da der entsprechende österreichische Begriff nicht stubenrein sei. Er selbst fühle sich nicht diskriminiert, sagte der Wiener Bürgermeister und hat eigenen Worten zufolge keine Vorstellung von den Aufgaben der Abteilung VI/6. Vielleicht werde sie eine Studie in Zusammenhang mit ihrer Nummerierung in Auftrag geben, mutmaßte Häupl. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 27. 2. 2001/APA)