In den serbischen Gefängnissen gibt es gar nicht genügend Platz für alle, die dorthin gehörten", meint Velja zur Festnahme des früheren Chefs des serbischen Staatssicherheitsdienstes Rade Markovic. Sein Freund Igor, der wie Velja seit Jahren seinen Unterhalt durch Schwarzarbeit verdient, stimmt zu. "Mindestens 50.000 müssten hinter Gitter kommen", schätzt er die Zahl der früheren Regimefunktionäre ein, die sich in den letzten zehn Jahren verschiedenster Gesetzesverstöße schuldig gemacht hätten. Nicht alle denken wie Velja und Igor. Vor allem bei der älteren Generation sind die Meinungen geteilt. Für viele Serben ist es undenkbar, Angehörige des früheren Regimes überhaupt zur Verantwortung zu ziehen, auch wenn kaum eine Familie im Land von Auswirkungen der Politik von Slobodan Milosevic verschont geblieben war. "Slobo hat mir Brot für drei Dinar gegeben, sie (die DOS-Behörden) geben mir nichts", riefen letzte Woche fast ausschließlich ältere Anhänger von Slobodan Milosevic bei ihrem Protestzug durch das Stadtzentrum. Die Sozialistische Partei als Veranstalter der Proteste hoffte, die soziale Unzufriedenheit mit ihren politischen Zielen verbinden zu können. Während die Belgrader Medien am Montag ausnahmslos auch über eine baldige Festnahme des früheren jugoslawischen Präsidenten spekulieren, bringt die Tageszeitung "Glas javnosti" auch eine Aussage des Amtsnachfolgers von Milosevic, Vojislav Kostunica, der davor warnt, sich vom "Prinzip der revolutionären Gerechtigkeit" leiten zu lassen. Die Partei von Slobodan Milosevic hat die Festnahme von Rade Markovic inzwischen als "schändlichen Akt und Bestätigung dafür, dass in Serbien Schauprozesse" geführt würden, gebrandmarkt. Der frühere Chef des serbischen Staatssicherheitsdienstes, der inzwischen als Nummer Zwei oder Drei des Regimes von Slobodan Milosevic bezeichnet wird, soll sich vor dem Untersuchungsrichter als "unschuldig" an dem Verkehrsunfall bezeichnet haben, bei dem im Oktober 1999 vier SPO-Funktionäre ums Leben und der Oppositionspolitiker Vuk Draskovic mit leichten Verletzungen davon gekommen waren. Er ist des Mordes und der Dokumentenfälschung verdächtigt. Markovic, der mit einer 30-tägigen Untersuchungshaft belegt worden ist, ist womöglich ein erster Insasse im ersten Stockwerk des Belgrader Zentralgefängnisses, das neulich in Erwartung "prominenter" Gäste umgebaut worden war. Für den serbischen Justizminister Vladan Batic ist die Festnahme von Markovic der Schritt gewesen, der das "Netz um Slobodan Milosevic" einengen könnte. Spekulationen, wonach der frühere jugoslawische Präsident, womöglich aber auch seine Frau, JUL-Ideologin Mira Markovic, gleich zum Wochenbeginn einvernommen werden könnten, wollte der Minister zunächst nicht bestätigen. Gegen Milosevic sei kein Verfahren eingeleitet worden, erklärte Batic für die Tageszeitung "Blic". (APA)