Grafik: derStandard.at
Tokio - "Ist die Rückkehr der 'Mir' wirklich ungefährlich?" fragt die Tokioter Zeitung "Asahi". In Japan, dem letzten Landstrich, den die alternde Raumstation überfliegt, wächst die Angst ... Schon malen die Medien den schlimmsten Fall aus: die Fehlzündung einer Rakete irgendwo über Afrika und 130 Tonnen russischer Weltraummüll regnen auf das dicht besiedelte Japan nieder. Keine Zeit zum Reagieren, zur Abwehr - eine Horrorvorstellung. Die Wahrscheinlichkeit für diesen Fall steht nach Angaben von Experten zwar bei höchstens eins zu 1.000, die Japaner beruhigt dies aber kaum. "Was wäre, wenn..." Die Regierung macht aus ihren Bedenken kein Hehl, die Medien bombardieren die Leser und Zuschauer mit "Was wäre, wenn..."- Geschichten. Wenn doch etwas schief geht und die Japaner die Leidtragenden sein sollten? "Die Wahrscheinlichkeit mag ja gering sein, aber die Tatsache, dass es möglich ist, sollte den Leuten doch Angst machen", meint der 22 Jahre alte Student Shunsuke Yamada. Das Gebiet, in das die "Mir"-Teile fallen sollen, ist rund 200 Meter breit und 5.760 Kilometer lang. Nur eine kleine Unstimmigkeit bei der Festlegung der Flugbahn der Teile - unerwartete atmosphärische Bedingungen beispielsweise - könnten sie jedoch an anderer Stelle auf die Erde werfen. "Sogar wenn alles gut läuft, wissen wir erst 30 Minuten vorher, wo die Teile auftreffen", erklärt Professor Yasunori Matogawa vom japanischen Institut für Raumfahrtkunde. "Es ist äußerst schwierig, eine Vorhersage zu treffen." Blick auf die Vergangenheit beruhigt nicht eben Bisher hat Russland bei der Entsorgung seines Weltraummülls nicht immer eine glückliche Hand gehabt. 1978 geriet ein sowjetischer Militärsatellit außer Kontrolle, radioaktiver Abfall ging über der kanadischen Arktis nieder. Die Vorgängerin der "Mir", die Station "Saljut 7", fiel 1991 auf die Anden. Sie richtete zwar keinen größeren Schaden an, ließ aber die Welt zusammenzucken. Und auch die USA hatten ihre Schwierigkeiten mit dem Müll aus dem All: Teile ihres "Skylab" krachten 1979 in die australische Wüste. Die Schwächen und Probleme der am 20. Februar 1986 ins All geschossenen "Mir" aber sind besonders präsent. In Erinnerung ist der Brand im Februar 1997 und der Zusammenstoß mit einem unbemannten Raumtransporter vier Monate später, bei dem die Station beschädigt wurde. Zudem ist das Verhältnis zwischen Japan und Russland gespannt. Wegen der sowjetischen Besetzung einiger kleiner Inseln seit dem Zweiten Weltkrieg gibt es bis heute keinen Friedensvertrag. Skepsis dominiert trotz Versicherungen, dass die Gefahren für Japan nahezu Null sind. "Russland hat uns erklärt, dass es keinen Grund zur Besorgnis gibt", sagt Noriko Shiomitsu, Chef für Forschung und internationale Angelegenheiten bei der japanischen Raumfahrtbehörde. Den jüngsten Schätzungen zufolge soll die "Mir" etwa am 13. März in 180 Kilometern Höhe über Westjapan fliegen, berichtet Shiomitsu. Tokio gibt offiziell die russischen Angaben wieder. Um aber sicher zu gehen, hat die Regierung ein eigenes Expertenteam auf die "Mir" angesetzt. "Alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen werden getroffen", betont Shiomitsu. (APA/red)