Wien - Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in seiner Entscheidung vom 7. 4. 2000 (5 Ob 267/98w) zur umstrittenen Frage des
Rechts des Vermieters auf Erhöhung des Mietzinses bei Veräußerung des eingemieteten Unternehmens Stellung
genommen.
Lange war es im Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) umstritten, in welchen Fällen dem Vermieter von
Geschäftsräumen ein Recht auf Erhöhung des Mietzinses zusteht, wenn das im Mietgegenstand betriebene Unternehmen
veräußert wird.
Hauptursache für die Rechtsunsicherheit waren eine uneinheitliche und viel kritisierte Rechtsprechung des OGH sowie die
nach verbreiteter Ansicht missglückte Novellierung des MRG durch das Wohnrechtsänderungsgesetz 1994. Diese
unbefriedigende Situation beendete nun ein "Verstärkter Senat" des OGH durch das zitierte Urteil.
Einbringung
Anlass zum Streitfall war die Einbringung des Unternehmens eines Einzelhandelskaufmanns in eine neu gegründete GmbH,
an der dieser Kaufmann von Anfang an mit 60 Prozent beteiligt war. Der Kaufmann mietete zum Betrieb seines Unternehmens
schon zu Zeiten des Einzelhandelsbetriebs Geschäftsräumlichkeiten, für die der Vermieter von der GmbH nach dem
Einbringungsvorgang einen erhöhten Mietzins verlangte. Der Kaufmann begehrte daraufhin die Feststellung, dass diese
Mietzinserhöhung nicht berechtigt sei.
Der beklagte Vermieter stützte sich auf § 12a Absatz 1 MRG, wonach der Erwerber eines Unternehmens von Gesetzes
wegen in das Mietverhältnis über jene Geschäftsräume eintritt, in denen der veräußernde Mieter das Unternehmen bisher
betrieb. Eine solche Veräußerung kann ein Unternehmenskauf sein oder auch - grundsätzlich - die Einbringung in eine
Gesellschaft als Sacheinlage.
Der Vermieter ist hierbei gezwungen, das Mietverhältnis gegenüber dem Erwerber aufrechtzuerhalten, hat jedoch gemäß
Absatz 2 der Bestimmung das Recht, als "Entschädigung" den Hauptmietzins auf das angemessene Ausmaß anzuheben.
Dasselbe Recht steht dem Vermieter gemäß § 12a Abs. 3 MRG zu, wenn sich in einer juristischen Person oder einer
handelsrechtlichen Personengesellschaft die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten entscheidend verändern.
Hierunter wird insbesondere ein Eigentümerwechsel verstanden, der im Sinne eines "Machtwechsels" die Gestaltung der
Unternehmenspolitik und die Geschicke der Gesellschaft und des von ihr betriebenen Unternehmens in neue Hände legt.
Umstritten war bislang, ob auf eine Veräußerung nach Abs. 1 die Kriterien des Abs. 3 analog anzuwenden seien und
demnach eine Veränderung der rechtlichen oder der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten (oder auch beider) Voraussetzung
für das Vorliegen einer Veräußerung und somit einer Möglichkeit zur Mieterhöhung ist. Diese Uneinigkeit ließ im vorliegenden
Fall die Kernfrage offen, ob das Erhöhungsrecht formalistisch an die rechtsgeschäftliche Übereignung und den rechtlichen
Übergang des Unternehmens geknüpft werden sollte, und/oder ob im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise
"hinter die Gesellschaft" zu blicken ist.
Gleichartigkeit
Dementsprechend war der gegenständliche Streitfall zwei rechtlichen Interpretationen zugänglich: Zum einen könnte eine
Veräußerung durch den Einbringungsvorgang verneint werden, da der Einzelhandelskaufmann an der aufnehmenden GmbH
die Mehrheit hält und damit weiterhin das Sagen im Unternehmen hat. - Eine Mietzinserhöhung wäre nicht möglich.
Zum anderen - und dieser Linie folgte der OGH nun - kann argumentiert werden, dass die Veräußerung eines Unternehmens
durch eine natürliche Person aufgrund der Gleichartigkeit des Rechtsvorgangs der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen
gleichzustellen ist. Dem Lösungsansatz über die wirtschaftlichen Auswirkungen wurde somit eine Absage erteilt und dem
Vermieter ein Erhöhungsrecht aufgrund des formalen Akts der Unternehmensveräußerung zugesprochen.
Dieser Klarstellung kommt umso größere Bedeutung zu, als in jüngster Zeit dafür eingetreten wird, das
Mietzinserhöhungsrecht nach § 12a MRG analog auch auf den Teilanwendungsbereich des MRG auszuweiten. Demnach
entstünde das Erhöhungsrecht des Vermieters auch dann, wenn die Räume in Gebäuden liegen, die ohne Zuhilfenahme
öffentlicher Mittel aufgrund einer nach dem 30. 6. 1953 erteilten Baubewilligung neu errichtet wurden.
RA Dr. Markus Fellner und
RAA Mag. Sebastian Kellermayr (Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte)