Washington - US-Präsident George W. Bush hat im US-Kongress um Unterstützung für rasche Steuersenkungen geworben, die der lahmenden US-Konjunktur neue Impulse verleihen sollen. Steuererleichterungen seien richtig und sie seien dringend nötig, sagte Bush am Dienstagabend (Ortszeit) in seiner ersten großen Rede vor dem Kongress nach seinem Amtsantritt im Jänner. Bush plant Steuersenkungen von insgesamt 1,6 Billionen Dollar (1,75 Bill. Euro/24,0 Bill. S). Die in den kommenden zehn Jahren zu erwartenden Haushaltsüberschüsse von 5,6 Billionen Dollar sollten zudem zum Schuldenabbau verwendet werden. Es gelte, binnen zehn Jahren den Schuldenberg von 3,2 Billionen Dollar um zwei Billionen Dollar abzubauen. "Die Bürger Amerikas sind zu stark zur Kasse gebeten worden und in ihrem Namen fordere ich hier jetzt eine Vergütung", sagte Bush unter anhaltendem Applaus. Der Präsident schlug vor, die Steuersenkungen rückwirkend einzuführen, um der lahmenden Konjunktur in den USA schnell neue Impulse zu verleihen. "Der lange wirtschaftliche Aufschwung, der vor fast zehn Jahren begann, ist ins Stocken geraten", fügte Bush hinzu. Am Dienstag waren in den USA überraschend schwache Konjunkturdaten veröffentlicht worden. Dem US-Handelsministerium zufolge war der Auftragseingang für Gebrauchsgüter im Jänner auf den niedrigsten Stand seit Juni 1999 gefallen. Einkommenssteuer-Senkung Die Pläne Bushs sehen vor, den Spitzensatz bei der Einkommenssteuer von 39,6 auf 33 Prozent abzusenken. Der Eingangssteuersatz soll von 15 auf zehn Prozent sinken. Das Präsidialamt geht davon aus, dass durch die Änderung sechs Millionen Amerikaner nicht mehr einkommenssteuerpflichtig sein werden. Die oppositionellen Demokraten kritisierten die Steuerpläne Bushs, die nach ihrer Ansicht vor allem den Reichen zugute kommen. Der demokratische Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Dick Gephardt, sagte, die Rechnung des Präsidenten gehe nicht auf. Der demokratische Fraktionschef im Senat, Tom Daschle, sagte, zu den von Bush erwähnten 1,6 Billionen Dollar kämen noch Schuldzinsen und andere versteckte Kosten, so dass insgesamt mit über zwei Billionen Dollar zu rechnen sei. Grenzen Bush sagte vor dem Kongress, die Regierung solle aktiv sein, sich aber zugleich Grenzen setzen. Sie solle engagiert, aber nicht anmaßend sein. Seine Haushaltsplanung folge dieser Devise. Die Haushaltsüberschüsse müssten zum Teil zum Abbau der Schulden verwendet werden, sagte Bush. Ein anderer Teil müsse aber den Bürgern zugute kommen, die die Überschüsse erwirtschaftet hätten, sagte der Präsident unter dem minutenlang andauernden Beifall des Kongresses. Bush erteilte zugleich einer ungezügelten Ausgabenpolitik eine Absage, die einen gefährlichen Weg in die Verschuldung bedeuten würde. Bush kündigte an, einen Eventualfonds in Höhe von einer Billion Dollar zu bilden. Er solle dazu dienen, möglicherweise steigende Verteidigungsausgaben abzudecken. Auch Hilfen für die Landwirtschaft und die Reform der staatlichen Krankenversicherung könnten aus diesem Fonds finanziert werden. Haushaltsmittel aufgestockt Für das kommende Jahr habe er die Haushaltsmittel für die Sozialversicherung und die staatliche Krankenversicherung sowie andere soziale Felder um 81 Milliarden Dollar aufgestockt, sagte Bush. Priorität in seiner Haushaltsplanung hätten die Verbesserung des Schul- und Gesundheitswesens, sichere Renten, der Schutz der Umwelt und eine Stärkung des Militärs. Zusätzliche fünf Milliarden sollten in den kommenden fünf Jahren allein dafür ausgegeben werden, dass jedes Kind in den USA lesen lerne. Auch strebe er eine Reform der Pensionsversicherung an. Dazu werde im März eine Reformkommission eingesetzt werden, die im Herbst erste Vorschläge vorlegen solle. Insgesamt kostet der Haushaltsentwurf des Präsidenten für 2002 rund 1,9 Billionen Dollar. Er sieht eine Ausgabensteigerung von vier Prozent vor. Laut den Vorausschätzungen des US-Kongresses dürften die USA in den kommenden zehn Jahren einen Haushaltsüberschuss von 5,6 Billionen Dollar erwirtschaften, davon 2,5 Billionen Dollar als Überschuss der Sozialversicherung. Bush erneuert Forderung nach Raketenabwehrsystem Trotz internationaler Bedenken bleibt US-Präsident George W. Bush bei seiner Forderung nach dem Aufbau eines Raketenabwehrsystems, das die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten vor neuen Gefahren schützen soll. Die Bedrohungen des 21. Jahrhunderts erforderten eine klare Strategie. Sein Verteidigungshaushalt enthalte eine Anzahlung, um die technische Entwicklung der Raketenabwehr voranzutreiben. Bevor weitere Mittel bereitgestellt werden, müsse jedoch zuerst die von ihm in Auftrag gegebene Überprüfung der Verteidigungsstrategie abgeschlossen sein. Die Bandbreite der neuen Gefahren rangiere von "Terroristen mit Bomben" bis hin zu "Tyrannen und Schurkenstaaten, die Massenvernichtungswaffen entwickeln wollen", sagte Bush. "Um unser eigenes Volk, unsere Verbündeten und Freunde zu schützen, müssen wir wirksame Raketenabwehrsysteme entwickeln und aufbauen." In seinem Haushaltsentwurf für 2002 sind die 60 Milliarden Dollar (65,5 Mrd. Euro/901 Mrd. S), die ein Nationaler Raketenschild (NMD) Schätzungen zufolge kosten würde, noch nicht enthalten. Das Verteidigungsbudget soll lediglich um 5,7 Milliarden Dollar aufgestockt werden, die für höheren Sold und Sozialleistungen für die Truppen vorgesehen sind. (APA/Reuters)