In den letzten Jahren hat ein von Forschern der Wiener TU angeführtes Team regelmäßig in der Fachwelt für Aufsehen gesorgt, weil es Lichtimpulse immer kürzerer Dauer erzeugen konnte - im Bereich von Femtosekunden (fs), das heißt unvorstellbar knappen 10 hoch minus 15 Sekunden. Nun kann man in Science ein neues Kürzel lernen: Ferenc Krausz et al. ist es gelungen, an den Attosekundenbereich heranzukommen; Atto = 10. Die Verwendung von gebündelten, "scheibchenweise" ausgestrahlten Laserstrahlen und von dadurch generierten, noch kurzwelligeren Röntgenstrahlen in speziellen Gasen ermöglichte die Annäherung an diese bisher letzte Schwelle. "Die Schwelle war durch die Wellenlängen von sichtbarem Licht gegeben", sagt der Laserphysiker Krausz. "Die kürzesten damit möglichen Pulse waren immerhin noch 5 fs lang." Darunter konnte man einen Puls weder komplett ausstrahlen noch messen, zumindest nicht mit normalem Licht. Bisher ist es nicht gelungen, kürzerwellige Röntgenstrahlen zur Erzeugung solcher Pulse einzusetzen. Kurzzeitspektroskopie aber ist das eigentliche Ziel hinter der immer raffinierteren Technik des Teams. "Unser Output ist eine Art Zeitmikroskop. Seit der Entwicklung des Elektronenmikroskops konnte man eine immer feinere räumliche Auflösung erzielen. Jetzt gelingt uns auch eine zeitliche Auflösung." Das heißt, verkürzt gesagt, dass mithilfe von einzelnen, attosekundenlangen Pulsen Prozesse im subatomaren Bereich erkennbar werden, die bisher schlicht zu kurz gedauert haben, etwa die Bewegung von Elektronen auf verschiedenen Energieniveaus der Atomschale. "Die von uns verwendete Röntgenstrahlung", sagt Krausz, "ist zudem genau richtig, um Elektronen nahe am Atomkern zu erfassen." Ferenc Krausz bekam zur Unterstützung seiner Arbeit am TU-Institut für Photonik einen der START-Preise 1996 des FWF. Seither gelang es dem Wiener Team erstmals, mit einem derart kurzen und genügend intensiven Laserpuls zu arbeiten. "Außerdem haben wir eine neue Messtechnik entwickelt, mit der es erstmals möglich ist, unsere Röntgenpulse zeitlich zu charakterisieren, das heißt wirklich zu messen." Denn die Herstellung der attosekunden-nahen Pulse beherrschen die Forscher schon seit mehr als zwei Jahren - sie konnten es nur nicht beweisen, weil die Erfassung der Kürzestblitze genauso schwierig war wie ihre Erzeugung. Zu der Autorengruppe des Science-Artikels, der am 9. März erscheinen wird, zählen neben dem gebürtigen Ungarn Krausz und fünf weiteren Wissenschaftern der TU Wien ein Kollege aus Bielefeld und einer aus Kanada. In der EU sind die Photoniker in einem Netzwerk namens Atto integriert. Die Wiener begannen auch, das kommerzielle Potenzial ihrer Entwicklungen zu nutzen. "Für eine kommerzielle Verwertung der Attosekunden-Technik ist es noch zu früh", heißt es. "Doch die Tür zu einem neuen Forschungsgebiet ist aufgestoßen." Dafür gibt es die FemtoLasers GmbH. Sie entwickelt und vermarktet Geräte "operating at the cutting edge of optical time resolution", wie die Homepage verlautet. (DER STANDARD; Print-Ausgabe, 27.2.2001)