Wirtschaft
Ron Sommer in Bedrängnis
Aktionäre reichen Strafanzeige gegen Telekom-Chef ein
Bonn - Nach dem dramatischen Kursverlust der T-Aktie hat eine Gruppe von Telekom-Aktionären in Bonn Strafanzeige gegen Konzernchef Ron Sommer und den Unternehmensvorstand eingereicht. Rechtsanwalt Jens-Peter Gieschen betonte am Dienstag, es bestehe der Verdacht des Verstoßes gegen das Börsengesetz, des Kapitalanlagenbetruges und der Verschleierung der tatsächlichen Unternehmensverhältnisse. Die Deutsche Telekom wies die Vorwürfe naturgemäß zurück. Telekom-Chef Ron Sommer selbst sieht der Strafanzeige gelassen entgegen. In einer Aufzeichnung zu der ZDF-Sendung "Was nun, Ron Sommer?" sagte er am Dienstag, die Börsenprospekte seien mit den bedeutendsten Kanzleien, dem Wirtschafts- und Finanzministerium sowie Wirtschaftsprüfern erstellt worden. "Das lässt mich ruhig in diese Klage blicken." In dem Interview schloss Sommer erneut einen Rücktritt aus. "Dramatische Wertveränderung"
Einiges spreche dafür, dass zumindest beim zweiten und dritten Börsengang keine wahrheitsgemäßen Angaben über das Immobilienvermögen gemacht worden seien, so der Anwalt. Im Mittelpunkt der Klage steht die erst vor wenigen Tagen vom Unternehmen angekündigte Herabsetzung der in der Bilanz verzeichneten Immobilienwerte um vier Milliarden Mark. Eine solch dramatische Wertveränderung müsse schon zuvor bekannt gewesen sein, glauben die Kläger. Der Vorwurf treffe besonders Konzernchef Ron Sommer, da er in der internen Aufgabenverteilung auch für die Revision zuständig sei. "Wer Kontrollpflichten hat, muss sie auch ausüben", sagte Gieschen. Dies gelte besonders im Streit um die Bewertung der Telekom-Immobilien. Denn dieser stehe seit Mitte der 90er Jahre im Raum. "Das kann jemandem, der seinen Vorstandsposten ernst nimmt, nicht verborgen geblieben sein", sagte der Anwalt.
Die Kläger vermuten, dass die Telekom schon seit geraumer Zeit über die Fehlbewertung der Immobilien informiert war, die notwendige Korrektur aber nicht rechtzeitig bekannt gab, um den dritten Börsengang oder die VoiceStream-Übernahme nicht zu gefährden. Deshalb müsse im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen geprüft werden, wann die Bewertungen der Grundstücke vorgenommen worden seien, seit wann die Verantwortlichen der Deutschen Telekom AG über die tatsächlichen Werte der Grundstücke informiert gewesen seien und ob hier gegebenenfalls Pflichtmitteilungen hätten an der Börse erfolgen müssen. "Dabei ist hier auch von einer Strafbarkeit des Vorstandsvorsitzenden Ron Sommer auszugehen", heißt es in der Anzeige.
Die Rechtsanwälte vertreten nach eigenen Angaben bisher zehn Aktionäre. Falls sich die Vorwürfe bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bestätigten, könnten die Mandanten auf Schadensersatz für die erlittenen Kursverluste klagen.
Telefonriese widerspricht
Die Deutsche Telekom wies die Vorwürfe zurück. "Die deutsche Telekom hat korrekte Bilanzen und korrekte Börsenprospekte vorgelegt", sagte ein Konzernsprecher. Die vor den Börsengängen veröffentlichten Unterlagen seien unter breitester Beteiligung von Fachleuten, von führenden Wirtschaftsprüfern und Banken sowie der US-Börsenaufsicht erstellt worden. Auch das Bundesjustiz- und das Bundesfinanzministerium seien beteiligt gewesen. "Alle haben uns bescheinigt, dass unsere Angaben korrekt und umfangreich waren", sagte der Sprecher.
Die T-Aktie legte trotz der Strafanzeige gegen Sommer am Donnerstag bis zum nachmittag um mehr als sechs Prozent an Wert zu und überstieg wieder die Marke von 28 Euro. (APA)