Wien - Für flexible Übergangszeiten bei der EU-Osterweiterung plädierte der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Christoph Leitl, am Dienstag in einer Pressekonferenz. Der vom deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder ins Spiel gebrachte Vorschlag einer generellen Übergangsfrist von sieben Jahren für Arbeitnehmer ist ihm zu starr. "Ich halte wenig von einer zeitlichen Fixierung, sieben Jahre können zu lang oder auch zu kurz sein", meinte er und bezog die Flexibilität nicht nur auf den Arbeitsmarkt, sondern auch auf den Dienstleistungsbereich. Leitl schwebt die Festlegung auf ein bestimmtes Ziel mit jährlicher Evaluierung des Fortschritts vor. Auch branchenspezifische Übergangsregelungen wären denkbar. Der WKÖ-Präsident wies darauf hin, dass die Idee der flexiblen Übergangszeiten bereits mit Wirtschafts- und Außenministerium abgesprochen worden sei. Auch bei den EU-Beitrittskandidaten sei dieser Vorschlag positiv aufgenommen worden. Durch die Osterweiterung rücke Österreich wieder ins Zentrum Europas, weshalb diese Entwicklung für die Politik des Landes von großer Bedeutung sei und der Wirtschaft enorme Chancen biete. Wachstumsraten verlockend "Es entsteht ein einheitlicher Wirtschafts-, Arbeits-und Währungsraum und damit ein einheitlicher Lebens-und Friedensraum", geriet der WKO-Präsident ins Schwärmen. Ein Markt von 100 Millionen Menschen und Wachstumsraten von jährlich drei bis vier Prozent "direkt vor unserer Haustür" wirken auf Leitl sehr verlockend. Deshalb freut er sich auch, dass bereits 55 Prozent der Österreicher einer EU-Osterweiterung positiv gegenüberstehen. Und jene, die noch emotionale Vorbehalte gegen diese Entwicklung haben oder davor Angst empfinden, will er von den Vorteilen dieses großen Marktes überzeugen. WKÖ-Generalsekretär Egon Winkler bezeichnete die Reformstaaten Ost- und Mitteleuropas als Österreichs zweitwichtigsten Handelspartner nach der EU. Im vergangenen Jahr seien bereits 17 Prozent der österreichischen Exporte in diese Region gegangen, gegenüber erst acht Prozent zu Beginn der 90er-Jahre. Im Vergleich dazu entfielen auf Nordamerika und Asien jeweils nur sechs Prozent der heimischen Gesamtausfuhren. Die Ausfuhren Österreichs in die Reformstaaten (ohne GUS) haben sich seit 1995 auf 130 Mrd. S (9,4 Mrd. EURO) verdoppelt, rechnete Winkler vor. Sogar mehr als verdoppelt haben sich in dieser Zeitspanne die Importe aus diesem Raum. Sie sind von 45 Mrd. S auf 104 Mrd. S gestiegen.

Größter Handelspartner Österreichs in Ost- und Mitteleuropa ist Ungarn, gefolgt von Tschechien und Slowenien. (gb, DER STANDARD, Printausgabe 28.2.2001)
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