Wien - Auch im geplanten neuen Hochschullehrer-Dienstrecht seien kontinuierliche Karrieren möglich, die Entscheidung über die Kontinuität einer Assistentenstelle werde bei der Universität liegen. Darauf verwiesen Vertreter des Bildungsministeriums bei zwei Podiumsdiskussionen zum Thema Universitätsreform Montagabend und Dienstag in Wien. Sie widersprachen damit einem der Hauptkritikpunkte an dem Vier-Säulen-Modell des Ministeriums für ein neues Dienstrecht, das nach Ansicht der Kritiker keine kontinuierlichen Karrieren ermögliche. Bei einer vom Assistentenverband der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien veranstalteten Diskussion am Montagabend verwies der Vorsitzende des WU-Assistentenverbandes Wolfgang Elsik auf die Reaktionen vieler Uni-Lehrer auf die Vorschläge des Ministeriums für ein neues Dienstrecht, die von "ohnmächtiger Wut bis zur depressiven Hilflosigkeit" gereicht hätten. Als Hauptkritikpunkte nannte Elsik den geplanten Eingriff in bestehende Dienstverhältnisse bei befristeten und provisorisch pragmatisierten Assistenten sowie die geringen Anreize für eine akademische Laufbahn, weil keine kontinuierliche Karriere ermöglicht werde. Reform sei ohne fiskalpolitischem Hintergrund Der Chef der Hochschulsektion im Bildungsministerium, Sigurd Höllinger, und der Leiter der Arbeitsgruppe zur Uni-Reform im Ministerium, Stefan Titscher, betonten erneut, dass es "keinen fiskalpolitischen Hintergrund für die Reformen gibt" und das geplante Dienstrecht eine Übergangslösung sei und nur kurze Zeit in Kraft sein soll. Als Dauerlösung ab der Vollrechtsfähigkeit der Universitäten sei das Angestelltenrecht vorgesehen. Grund für die Reform des Dienstrechts sei, dass für junge Leute die Einstiegschancen "gegen Null tendieren". Als Beleg dafür nannte Höllinger am Dienstag bei einer von der Österreichischen Gesellschaft für Neurowissenschaften veranstalteten Diskussion an der Uni Wien die Tatsache, dass in den vergangenen drei Jahren die Zahl jener Assistenten, die in ein provisorisch pragmatisiertes Dienstverhältnis eintraten, doppelt so hoch gewesen sei wie die Zahl der Pensionierungen. Höllinger widersprach auch der Kritik, dass auf die Universitäten eine Reform nach der anderen losgelassen werde. Es sei dies vielmehr eine Weiterentwicklung, "die Regierungsprogramme weisen seit 1990 eine kontinuierliche Konzeption auf". Auf einen Zwischenruf, ob auch die Studiengebühren in diese Kontinuität passen würden, reagierte der Sektionschef mit einer klaren Aussage: Die Gebühren seien auch schon im Übereinkommen der später nicht mehr zu Stande gekommenen SPÖ-ÖVP-Koalition vereinbart gewesen, sollten allerdings erst später, bei der Vollrechtsfähigkeit der Universitäten, eingeführt werden. "Falsche Leute" entscheiden derzeit über Personal Der Rektor der Wirtschaftsuniversität Wien, Hans Robert Hansen, kritisierte am derzeitigen Dienstrecht, dass über Aufnahme und Verlängerung von Assistenten derzeit "die falschen Leute" entscheiden. Einerseits das Uni-Kollegium, andererseits das Bildungsministerium. Beide seien zu weit weg und hätten zu wenig Einsicht. "Dies kann zu Fehlentscheidungen führen, die derzeit nicht korrigiert werden können", sagte Hansen. Am neuen Dienstrechts-Modell findet Hansen gut, dass die Entscheidungskompetenz vom Ministeriums wegkommt. Der Rektor, der künftig dafür zuständig sein soll, sei allerdings genauso weit weg, so der WU-Rektor. Daher plädiere er dafür, die Personalentscheidung auf Institutsebene zu verlagern, vielleicht mit einem Veto-Recht des Rektors. Die derzeitige Situation verunsichert nach Ansicht des Ex-WU-Rektors Fritz Scheuch "den wichtigsten Produktionsfaktor, den die Unis haben - die Mitarbeiter". Dies gehe so weit, dass die Besten bereits die Uni verlassen würden. Bedauerlich sei aber auch, dass in dieser Situation jene, die bleiben, Anträge auf Habilitation zum Teil Jahre vor einer möglichen Fertigstellung der Arbeit stellen, um noch in den Genuss der Pragmatisierung zu kommen. Dies sei eine Reflexreaktion, die einer Institution wie der Uni unwürdig sei. Grünewald: "Unter diesem Zeitdruck keine würdige Reform möglich" Für den Rektor der Universität Wien, Georg Winckler, ist die Legitimation der Universitäten in die Krise geraten, die Institution sei entzaubert. Die Unis müssten unternehmerischer werden, damit sie ihren Grundsatz der Wissenschaftsfreiheit und den aufklärerischen Auftrag behalten könnten. Der Bildungssprecher der Grünen, Kurt Grünewald, kritisierte, dass das Ministerium die Reformvorschläge wie "Krone-Schlagzeilen für Maturanten" präsentiert, aber kein einziges Wort über die Zielsetzung verloren habe. Der Grün-Abgeordnete vermutet, dass die Reform "auf Zuruf vieler geschehen sei, die erschreckend wenig Ahnung von Forschung haben". Kritik übte Grünewald auch am Zeitplan der Reform: "Unter dem vorgegebenen Zeitdruck ist eine würdige Reform, die eine Abschätzung der Folgen ermöglicht, nicht durchführbar." Aus seiner langjährigen Erfahrung als Personal- und Managementberater berichtete Peter Eblinger über "Fluchtmotive, die zum Aufbruch aus der Universität" führen würden. Als Gründe, warum Mitarbeiter die Uni verlassen, nannte er "stark verkrustete Strukturen, Bürokratie, keine Perspektive, mangelnde Flexibilität, Engagement wird bestraft, keine Personalentwicklung, kaum Fortbildung und fehlende Management- und Führungskultur". (APA)