Kopfschütteln, Rätselraten und Verwunderung herrschten am Tag nach der überraschend geplatzten Aufsichtsratssitzung der Telekom Austria (TA) am Dienstag. "Ditz hat hoch gepokert, nichts Essenzielles gewonnen und dann die Reißleine gezogen", sagte ein Aufsichtsratsmitglied zum Standard.ÖIAG-Chef verordnet Beruhigungspille Immerhin eine Atempause hat ÖIAG-Chef Johannes Ditz, der zugleich dem TA-Aufsichtsrat vorsitzt, dem Telekomriesen beschert, indem er eine Beruhigungsphase verordnet hat. Denn die laufende Diskussion um die Ablöse von Heinz Sundt und eine Rochade im Vorstand hatte die TA ins Sperrfeuer der Analysten katapultiert. Faschingsdienstag war "ungünstig" Ditz selbst rechtfertigte die Absage des Eigentümermeetings damit, dass der Faschingsdienstag bereits vor Wochen als "ungünstig" infrage gestellt worden war. Er habe mit dem italienischen Partner (Telecom Italia hält 29,8 Prozent an der TA) eine Lagebeurteilung vorgenommen und sei zum Schluss gekommen, dass die Handlungsfähigkeit voll gegeben sei. "Alle Einzelbudgets der TA-Gruppe sind beschlossen, was fehlt ist das Gruppenbudget", sagte Ditz zum Standard. "Und diese Konsolidierung ist im Prinzip eine Rechenaufgabe." Sundt ohne Rückendeckung? Die Probleme sind damit nicht gelöst, denn eine gute Zusammenarbeit im Vorstand kann niemand verordnen. Auch nicht Ditz, der dem Vierervorstand demonstrativ den Rücken stärkt. Sundt werde sich dieses Theater nicht mehr lang geben, sagt ein Vertrauter des urlaubenden Telekom-Generals. Schlecht ins Bild passt, dass im Auftrag der ÖIAG namhafte Konzernmanager gefragt wurden, ob sie den Chefsessel übernehmen wollen. Personalrochade nur aufgeschoben Eine Schnapsidee ist jedoch, den von Telecom Italia (TI) entsandten Marketingmanager Heinz Brasic mit dem Vorstandsvorsitz zu betrauen. Denn laut Syndikatsvertrag nominiert die ÖIAG den Generaldirektor so lang, als sie mehr als 20 Prozent an der TA hält. TI wiederum stellt zehn Jahre lang den Marketing- und ohne Zeitlimit den Finanzvorstand. Beide Partner sind in ihrer Wahl prinzipiell unabhängig. Wenn Ditz nun, wie aus der TA verlautet, Telecom Italia angeboten habe, "ihren" Brasic als General zu unterstützen und im Gegenzug den Finanzvorstand aus den eigenen Reihen zu besetzen, dann verhält sich der größte Aktionär so, als besäße er nur mehr ein kleines Aktienpaket.(Luise Ungerboeck/Der Standard, Printausgabe vom 28.2.2001)