Peking - Die Volksrepublik China hat am Mittwoch den Menschenrechtspakt der Vereinten Nationen über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte ratifiziert. Der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses (Parlament) nahm den Sozialpakt zum Abschluss seiner dreitägigen Sitzung in Peking an, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. In dem Agentur-Bericht wurde angedeutet, dass es offenbar Vorbehalte bei dem in Artikel VIII festgeschriebenen uneingeschränkten Recht auf Gründung unabhängiger Gewerkschaften gibt. Der Ständige Ausschuss habe beschlossen, China werde die Verpflichtungen gemäß der chinesischen Verfassung und entsprechender Gesetze befolgen, womit praktisch nationale Gesetze Vorrang vor dem UNO-Pakt haben könnten. Die Organisation "Human Rights in China" (HRiC) in New York erklärte, Peking könne die Ratifizierung des Pakts als Vorwand benützen, um öffentliche Kritik zu unterdrücken und eine Beobachtung durch die Vereinten Nationen zu verhindern. Von gesellschaftlichen Bedingungen abhängig Die Volksrepublik China und die Vereinten Nationen legen den Begriff der Menschenrechte unterschiedlich aus. Peking geht davon aus, dass die Menschenrechte von unterschiedlichen gesellschaftlichen Bedingungen abhängig seien. Jedes Land habe das Recht, auf der Grundlage seiner besonderen Bedingungen sein eigenes System zum Schutz der Menschenrechte zu bestimmen. Die Menschenrechts-Hochkommissarin der Vereinten Nationen, Mary Robinson, hatte bei ihrem jüngsten Besuch in Peking die chinesische Führung aufgefordert, die Lagerhaft ohne Gerichtsverfahren abzuschaffen. Im Gespräch mit Staats- und Parteichef Jiang Zemin äußerte die frühere irische Präsidentin am Dienstag in Peking "anhaltende ernste Besorgnis" über mangelnde Freiheit in der politischen Meinungsäußerung, im Versammlungsrecht und bei der Religionsausübung. China müsse die Allgemeingültigkeit der Menschenrechte akzeptieren. Handel mit Organen hingerichteter Häftlinge Das chinesische Recht gibt der Polizei bisher die Möglichkeit, Tatverdächtige ohne Gerichtsurteil bis zu vier Jahre in Arbeitslager zu stecken. Dutzende von Millionen von so genannten "Konterrevolutionären" verbrachten seit der Gründung der Volksrepublik vor einem halben Jahrhundert Jahre und Jahrzehnte in "Umerziehungs"-Straflagern des "Laogai"-Systems ("Reform durch Arbeit"), von denen rund 1100 bekannt sind. Nach Informationen des US-Außenministeriums wurden im vergangenen Jahr 230.000 Menschen in derartige Lager eingewiesen. Die Volksrepublik führt mit großem Abstand die Liste der Staaten an, in denen Hinrichtungen stattfinden. Nach Angaben der Menschenrechts- und Gefangenenhilfe-Organisation amnesty international (ai) wurden in den vergangenen Jahren durchschnittlich zwischen 4000 und 6000 Todesurteile pro Jahr vollstreckt. Die Prozesse sind nach ai-Erkenntnissen nur eine Formalität, da die Urteile schon vorher feststehen. Menschenrechtsorganisationen werfen den chinesischen Behörden Handel mit Organen hingerichteter Häftlinge vor. Zum Tod verurteilte Häftlinge würden "je nach Bedarf" exekutiert. Entnommene Organe würden zu hohen Preisen an ausländische Patienten verkauft. (APA/dpa/Reuters)