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Foto: Reuters/Hollander
Innsbruck - Im Zillertal ist weit und breit keine Rebe zu sehen. Für vieles mag das Tal bekannt sein, für Wein gewiss nicht. Claudia Helm kommt aus Uderns in der Talmitte und hätte sich verständlicherweise "das nie gedacht". Montagabend hat die 46-jährige Dolmetscherin beim letzten Prüfungsteil einen "strohgelben" Tropfen als "leicht bitter" mit "mineralischem Hintergrund" und "langem Abgang" beschrieben, einen "Heilbutt in kräftiger Soße" dazu empfohlen und sich selbst damit für das Finale am 24. März in Wien. Zwölf passionierte Hobbyweintrinker werden dann nach den vier Bundesländer-Finale unter anfänglich etwas mehr als 500 Beteiligten den österreichischen "Weinkenner" oder die Kennerin "des Jahres" unter sich ermitteln, in einem Wettbewerb des Tiroler Weinversandhauses Vinorama in Kooperation mit dem STANDARD. Die Dolmetscherin Claudia Helm, die halbtags auch in einem Behindertenzentrum arbeitet, kam über Umwege auf den Geschmack - durch ihre Diplomarbeit in Französisch, genauer: bei landeskundlichen Recherchen in Burgund. Im Zillertal ist sie heute weitgehend auf sich gestellt, "es gibt viele, die so tun als ob, aber mir fehlt der Austausch". Stefan Bleier, der die Jury am meisten beeindruckt hat, hat sich den Austausch privat organisiert. Einmal im Monat trifft der 40-jährige Bautechniker aus Feldkirch mit drei Kollegen zum offenbar gekonnten Blindverkosten zusammen: denn auch ein zweiter aus der Vierer-Runde, der Krankenpfleger und Hobbywinzer Peter Summer aus Weiler in der Rheintalregion, kann zum Finale. Bleier ist vorbelastet durch einen burgenländischen Vater, der "immer wenig, aber guten Wein" getrunken hat. Ihn hat die "Ernsthaftigkeit des Wettbewerbs" gefreut, die Vielfalt der vereinzelt durchaus spielerischen Aufgaben. Nachdem zunächst per Fragebogen etwa die zulässigen Rebsorten für Champagner, das Anbaugebiet eines Spitzenweines oder das kleinste in Österreich zu bestimmen waren, war Trinkerfahrung gefragt. Auf acht Tischen verteilt ging das Glas zu Nase und Mund, der Mund zum Ausspülen an den Napf und retour, die Ruhe wurde nur durch gelegentliche Schluck-und Spuckgeräusche und Gemurmel der Jurymitglieder gestört. Bis nach 20 Minuten die Lotterie ein Ende haben musste: ein Chardonnay aus der Steiermark von 1999 oder doch ein Weißburgunder aus dem Kamptal von 2000? (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.2.2001)