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Wien - Die Bevölkerungsentwicklung in Europa gibt Wissenschaftern Anlass zur Sorge: Aktuelle Prognosen erwarten, dass parallel zum Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen der Anteil der älteren Menschen in der Gesellschaft in den kommenden Jahrzehnten deutlich steigen wird. Ein Hauptgrund für diese Entwicklung ist ein EU-weiter Rückgang bei Geburten, erläuterten Experten des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF) heute, Mittwoch, bei einem Pressegespräch in Wien. Seit das ÖIF 1998 zur "Europäischen Beobachtungsstelle für nationale Familienpolitiken" bestellt wurde, wird die EU-weite Entwicklung auf diesem Gebiet von Österreich aus beobachtet. Außerdem gehört je ein Experte aus jedem EU-Mitgliedsland dem Gremium an. Ein mögliches Zukunfts-Szenario schilderte der Leiter der Beobachtungsstelle, Univ. Prof. Dr. Wolfgang Richter: Zu erwarten sei eine "Überalterung der Bevölkerung", wie dies bereits der europäische Sozialbericht festgestellt habe. Dem stehe ein Rückgang der Geburtenrate in Europa gegenüber. Fazit: "Künftige Generationen werden mehr 'Versorgungslasten' für die ältere Generation zu tragen haben." Besonders stark dürfte diese Tendenz in den kommenden 20 bis 30 Jahren werden, so Richter. Während derzeit der Anteil der über Sechzigjährigen in der Bevölkerung bei rund 22 Prozent liegt, dürfte er in der Zukunft bis auf 34 Prozent steigen. Die Folgen der Entwicklung stellen Wirtschaft und Politik vor neue Herausforderungen, denn es sei anzunehmen, "dass die Altenversorgung nicht mehr in dem Maß gewährleistet sein wird, wie dies früher war". Die Problematik liegt für viele Experten in der Fertilität - die Anzahl der Kinder, die eine Frau im Lauf ihres Lebens zur Welt bringt. Diese entwickelt sich europaweit - mit Ausnahme von Luxemburg, Finnland und Dänemark - nach unten: Während des Baby-Booms der frühen sechziger Jahre lag die Fertilität der meisten westeuropäischen Länder bei mehr als 2,5 Kindern pro Frau. In den siebziger Jahren setzte ein Rückgang auf 1,6 Kinder ein. Danach zeigen sich divergierende Trends: In Österreich lag die Fertilität in den achtziger Jahren bei 1,5 Kindern pro Frau: "Damals hat man geglaubt, wir haben den Boden erreicht", so Univ. Doz. Dr. Wolfgang Lutz vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA). Das war aber nicht der Fall: "In den vergangenen vier, fünf Jahren war eine weitere Abnahme zu sehen." Entscheidend für die Erfüllung von Kinderwünschen ist zunehmend die Vereinbarkeit von Kind und Familie. Länder, die Maßnahmen setzten, um Frauen - etwa durch Teilzeitmodelle - die Kombination von Kind und Beruf ermöglichen, schneiden bei der Entwicklung besser ab. Die niedrigste Fertilität findet sich in Ländern des südlichen Mittelmeerraumes - Spanien, Italien, Griechenland und Portugal. Ein "Patentrezept" für politische Lösungsansätze gibt es allerdings wegen der Komplexität der Materie nicht: "Das Problem ist, dass wir europaweit nicht sagen können, 'wenn ich diesen oder jenen finanziellen Anreiz gebe, dann steigt die Geburtenrate'", so Richter. Mit Fragen der Beschäftigungspolitik und der Erwerbstätigkeit von Frauen wird sich auch der EU-Gipfel Ende März in Schweden auseinandersetzen. (APA)