Wien – Österreich stand im Jahr 1973 im Bann der Maul- und Klauenseuche (MKS). Betroffen waren über Monate hinweg vor allem die Bundesländer Niederösterreich, Burgenland und Wien. "Ich erinnere mich noch, dass wir damals vor jeder Ortschaft einen Seuchenteppich überfahren mussten", erzählt ein damals 33-Jähriger.

Die nackten Daten

Die MKS brach im Jänner 1973 aus. Im Juli war der Seuchenzug weitgehend gestoppt, Einzelfälle gab es jedoch bis in den Oktober hinein. Laut der "Chronik Österreichs" waren damals 1.620 Höfe betroffen, insgesamt mussten mehr als 80.000 Tiere gekeult werden – 4.494 Rinder, 75.627 Schweine, 245 Ziegen, 25 Schafe und ein Lama.

Hofrat Franz Karner, Veterinär-Direktor von Niederösterreich und damals Student der Veterinärmedizin, erinnert sich: "Die Vorgangsweise war schon damals ähnlich wie heute. Das Problem lag in den geschlossenen Ortschaften. Wenn ein Fall von Klauenseuche auftrat, wurde der gesamte Bestand an 'Klauentieren" dieses Ortes gekeult."

Kosmetische Maßnahme

Die Teppiche waren laut Karner eher eine kosmetische – oder pädagogische – Maßnahme für die Bevölkerung. "Damit sollte die Seuche sicher auch immer wieder ins Bewusstsein gebracht werden." Die Teppiche wurden von der jeweiligen Gemeinde betreut. Dem Veterinärdirektor zufolge mussten sie eine bestimmte Mindestlänge aufweisen und auch feucht gehalten werden. "Wenn die Sägespäne austrockneten, verloren sie ihre Wirksamkeit."

Große Probleme gab es schon damals mit der Tierkörperbeseitigung. Dabei war es Karner zufolge wesentlich einfacher, als es jetzt wäre – die Kadaver wurden in Biodeponien eingegraben. Der Hintergrund: Die ziemlich Kälte resistenten MKS-Viren – sie können auch in tiefgekühltem Fleisch sehr lange überdauern – sind sehr Hitze empfindlich. Im Boden starben sie sehr rasch durch die Selbsterwärmung der Kadaver, die nach dem Eingraben auftritt. Zusätzlich wurden die Tierkörper zuvor mit Desinfektionsmitteln behandelt.

Heute wäre diese Art der Entsorgung aus ökologischen Gründen undenkbar, so Karner. Damit wären bei einem größeren Seuchenausbruch wohl logistische Probleme bei der Tierkörperbeseitigung die Folge.

Exportsperre

Eine weitere Folge war damals – und wäre wohl auch heute – die Exportsperre. Zwar reagierte man im Ausland erst relativ spät auf den Seuchenzug der MKS – so findet sich eine Meldung "Keine Fleischlieferung Österreichs in BRD" erst mit Datum vom 10. Mai 1973 im APA-Archiv. Doch die Folgen waren fatal. Am 18. Mai 1973 folgte Italien mit einem Einfuhrverbot für österreichische Paarhufer.

Die Bauern wurden schon damals für die entstandenen Verluste entschädigt. Ähnlich wie heute trat eine Schätzkommission auf und bewertete den Verlust für die Bauern. Insgesamt kostete der Seuchenzug von MKS nach Einschätzung Karners rund 150 Millionen Schilling – für 1973 eine exorbitant hohe Summe. (APA)