Unter dem Damokles-Schwert der drohenden Schließung bereitet die Internet-Tauschbörse Napster die Sperrung von einer Million Musiktiteln vor, die trotz Urheberrechts bisher frei zugänglich waren. Die dafür entwickelte Software ist bereits teilweise aktiv. Bestimmte Songs können nicht mehr getauscht werden.Eine Million Titel werden folgen Napster-Anwalt David Boies sagte, das neue Screening-System blockiere den Zugang zu einer Million Musikdateien. Gesperrt werden sollten zunächst unter anderem alle Titel von Metallica und Dr. Dre. Nach Angaben von Napster ist die neue Software auch in der Lage, Variationen im Titel und bei Namen der Interpreten zu erkennen und die entsprechenden Dateien zu blockieren. Auf der Web-Site von Napster wurde angekündigt, dass es sich bei dem Screening-System um eine technisch komplexe Lösung handle, die den gewohnten Betrieb verlangsamen werde. RIAA wartet ab Die Vorsitzende des Verbandes der US-Musikindustrie (RIAA), Hilary Rosen, sagte in einer Reaktion auf die neue Software, man nehme Napster bei seinem Bemühen um den Schutz der Urheberrechte beim Wort. Die Screening-Technik habe das Potenzial, effektiv zu sein, aber man müsse noch abwarten, sagte sie. Ab 1. Juli wird gezahlt Das Unternehmen hat angekündigt, ab 1. Juli nur noch zahlenden Mitgliedern Zugang zu gewähren. Von diesen Beiträgen will Napster dann Tantiemen an die Besitzer der Urheberrechte abführen. Die Plattenindustrie ging aber nicht auf ein Kompromiss-Angebot von Napster ein, das ihr binnen fünf Jahren eine Milliarde Dollar (1,068 Mrd. Euro/14,7 Mrd. S) gebracht hätte. Der Vorschlag sei unzureichend, erklärten die Unternehmen Sony, EMI, Warner und Universal, die gegen Napster klagen. Abwanderung und Massenansturm Die Napster-User reagierten auf die neue Entwicklung mit einem neuerlichen Ansturm auf das Netz. Allein über einen der 80 Napster-Server boten am Samstag 11.000 Nutzer 2,2 Millionen Songs auf ihren Festplatten an. Zugleich wandern aber immer mehr Napster-Nutzer zu nichtkommerziellen Alternativen wie Gnutella ab. In einem Teil des Gnutella-Netzes waren am Wochenende 13.400 Personalcomputer anwesend, die 13,4 Millionen Audio-, Video- und Textdateien zur Verfügung stellten. "Das wird eine Menge Leute wütend machen", sagte die 19-jährige Andrea Gordon aus dem kalifornischen San Jose zu dem Beschluss von Napster. "Ich denke, sie werden jetzt viele Kunden verlieren." Napster erwartet Kompromiss Der auf Copyright-Fälle spezialisierte Anwalt Anthony Lupo sagte, die Plattenindustrie würde klug handeln, wenn sie sich auf einen Kompromiss mit Napster verständigen würde. "Wenn sie Napster zu hart treffen, dann könnten sie die Leute zwingen, in den Untergrund zu gehen, und würden diese Gelegenheit nie wieder erhalten."(APA)