Ein bisserl Zynismus ist es schon, dass das weltweit wirksamste Medikament gegen das Vergessen gerade aus Österreich kommt. Dem Werner Frantsits hat dieses zynische Schicksal wohlwollend zugezwinkert. Die US-amerikanische Food and Drug Administration hat sein Arzneimittel "Reminyl" zugelassen. Als das zurzeit vielversprechendste Medikament gegen Alzheimer, jene Krankheit, die zum Synonym österreichischer Befindlichkeit geworden ist. Werner Josef Frantsits, geboren am 6. Juli 1946 in Graz, aufgewachsen im blinden Winkel Österreichs, in Jennersdorf, ist, wenn man so sagen will, ein Tellerwäscher par excellence. Der Bursch aus dem exotischen Südburgenland, wo sich die Füchse auf Deutsch, Kroatisch, Ungarisch, Slowenisch und Romanes Gute Nacht sagen, geht nach Wien, studiert Technische Chemie. Einen Assistentenjob an der TU schlägt er aus, heuert bei Herbert Turnauer an, wechselt nach dem Verkauf zu Sandoz, war mit 26 Jahren Mitglied der Direktion von Sandoz Österreich. Und im höchsten Grad unzufrieden. Ihn drängt's in die Selbstständigkeit. Mithilfe von Herbert Turnauer - bis heute Frantsits' unternehmerisches Vorbild - kauft er 1972 die Wiener Pharmafirma Waldheim, 1979 übernimmt er die burgenländische Chemiefirma Meidinger, gründet 1983 die Industrieholding Sanochemia und übernimmt im selben Jahr die auf Veterinärmedizin spezialisierte Werfft-Chemie. Von Anfang an tut er, was österreichische Unternehmer eher vermeiden: Er setzt radikal auf Forschung, entwickelt den Wirkstoff Galanthamin, den zentralen Bestandteil des Alzheimer-Medikaments. Das Kapital für die Entwicklung zur Marktreife holt er sich 1999 auf dem Neuen Markt in Frankfurt. Die burgenländische Wirtschaft - Frantsits ist Präsident der dortigen Industriellenvereinigung - ist darüber hellauf begeistert, wählt ihn, der 1990 sein Zweitstudium, Molekularbiologie, abschloss, zum "Manager des Jahres". Bei der Preisverleihung im Mai 2000 grantelt er: "Ich bin kein Manager, ich bin Unternehmer." Angeblich hat er da schon überlegt, die Auszeichnung gar nicht anzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt wusste er ja längst schon um die Malaise in der Bank Burgenland, deren Aufsichtsratsvorsitzender er war. Wenig später zerriss es die burgenländische Landesbank, Frantsits trat zurück und ließ seither keine Gelegenheit aus, seine Rolle im Bankenskandal kenntnisreich und charmant, eloquent und nonchalant unter den Scheffel des Gewusst-Habens zu stellen. Nicht ganz uneigennützig. Im Fall einer Klage wäre er der Einzige, der den Schaden für Bank und Land aus eigener Tasche wieder gutmachen könnte. Sein Aktienpaket ist milliardenschwer. Tendenz: rasant steigend. (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD, Printausgabe 5.3.2001)