Buenos Aires - Nach dem Rücktritt des argentinischen Wirtschaftsministers José Luis Machinea hat der bisherige Verteidigungsminister Ricardo Lopez Murphy das Amt übernommen. Er gilt als liberaler Ökonom, der für einen strikten Sparkurs eintritt. Im Hintergrund der neuen Krise im Kabinett von Präsident Fernando de la Rúa steht die anhaltende Wirtschaftskrise im Land, die Machinea ohne Erfolg 15 Monate lang bekämpft hatte. Erst Mitte Dezember hatte Argentinien einen internationalen Kredit von 39,7 Mrd. US-Dollar erhalten, um eine mögliche Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Die Regierung hat seitdem die Öffentlichkeit beruhigt und versichert, dass die wirtschaftliche Lage sich endlich nach 31 Monaten Rezession verbessern würde. Doch anstatt einer Wiederbelebung herrscht weiterhin Apathie. Die Wirtschaft schrumpfte im Jahr 2000 um ein Prozent, im letzten Quartal sogar um zwei Prozent, der Konsum ging im Jänner wieder zurück, und das Steueraufkommen blieb wieder hinter den Erwartungen. Das Land wurde zudem in den letzten Wochen von einem Geldwäscheskandal erschüttert, in den argentinische Banken und Vertrauensleute der früheren Regierung unter Carlos Menem verwickelt sind. Am Montag sollte ein Ausschuss der beiden Parlamentskammern über die Zukunft des Chefs der Zentralbank, Pedro Pou, entscheiden, dem vorgeworfen wird, Geldwäsche zugelassen zu haben. Als einer seiner möglichen Nachfolger wird immer lauter Exsuperminister Domingo Cavallo gehandelt, der 1991 eine Inflation von mehr als 2000 Prozent erfolgreich bekämpft hatte.

Aufgrund der Türkeikrise ist auch Argentinien an den internationalen Finanzmärkten unter Druck geraten. Der "spread" zwischen argentinischen Anleihen und jenen der USA ist in der letzten Woche von 650 Basispunkten auf 735 angestiegen, während Investmentbanken wie J. P. Morgan und Merrill Lynch ihre Kaufempfehlungen für argentinische Anleihen heruntergesetzt haben. Die anhaltende Stärke des US-Dollar hat zudem die Stimmen immer lauter werden lassen, die eine Abwertung des an die US-Währung gekoppelten und dadurch weiter überbewerteten argentinischen Peso fordern. (Jordi Kuhs, DER STANDARD, Printausgabe 6.3.2001)