Redwood/Los Angeles - Napster kommt nicht zur Ruhe und muss die nächste Breitseite einstecken: Nach den großen Schallplattenkonzernen haben nun auch die Produzenten der Grammy Awards, der "Oscars der Musikbranche", gegen die Internet-Musiktauschbörse Klage eingereicht. Grund sei der illegale Onlinehandel mit Dateien von Auftritten bei der jüngsten Verleihung der Preise, sagte Michael Greene, Chef der National Academy of Recording Arts and Sciences. Am Tag nach Verleihung der Awards habe man im Studio die Auftritte bearbeiten wollen, um sie dann zu veröffentlichen, so Green weiter. Doch die Aufnahmen seien schon längst über Napster gelaufen und bereits millionenfach heruntergeladen worden. Das "Glanzstück des Abends", ein Duett von Rapper Eminem und dem britischen Superstar Elton John werde deswegen vielleicht nie kommerziell veröffentlicht werden, drohte Greene. Zuständig ist wieder die kalifornische Bezirksrichterin Marilyn Hall Patel, die am Dienstag Napster angewiesen hatte, urheberrechtlich geschützte Titel aus dem Angebot binnen 72 Stunden zu entfernen, sobald die Musikindustrie entsprechende Listen von Songtiteln vorlegt. Napster werde dem Urteil nachkommen, versicherte Firmenchef Hank Barry. Doch Hits wie Destiny's Childs "Independent Woman" waren am Mittwochnachmittag nach wie vor in hundertfacher Ausführung via Napster auf den Festplatten der User zu finden, zeigte ein S TANDARD -Test. Nachfolger Gewehr bei Fuß Die Nachfolger von Napster stehen aber schon Gewehr bei Fuß: So sagte etwa der New Yorker Johnny Deep in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit : "Ein Jahr noch, dann benutzen 20 Millionen Surfer mein Aimster. Ein paar Millionen haben wir schon." Experten schätzen, dass derzeit mehrere Hundert Internet-Start-up-Firmen an einer Weiterführung der Napster-Idee arbeiten - und dafür Venture-Capital lukrieren.

Der deutsche Bertelsmann-Konzern will trotz allem am kommenden gebührenpflichtigen Geschäftsmodell ("Napster 2") festhalten. Man verhandle weiter mit anderen Konzernen - Sony, Warner, Universal, EMI - und einigen unabhängigen Labeln über eine gemeinsame Plattform für den Musikvertrieb im Internet. (Reuters/szem/DIE STANDARD, Printausgabe 8.3.2001)