Historisch, einmalig, ein Meilenstein - das Selbstlob über das Budget wollte in der Regierung gar kein Ende nehmen. So sehr sich die Koalition aber über das Nulldefizit freut, so wenig kann sie sich mit dem Sparpaket, das den ausgeglichenen Staatshaushalt ermöglicht, anfreunden. Kaum waren die Belastungsmaßnahmen in Kraft getreten, begannen schon die Distanzierungen. Jörg Haider, wer sonst, machte den Anfang, polemisierte gegen die Unfallrentensteuer - und fand eifrige Epigonen: So hat die FPÖ-Spitzenkandidatin Helene Partik-Pablé zwar die Besteuerung der Unfallrenten mit beschlossen, ist aber jetzt plötzlich für deren Abschaffung. Diese Taktik, zuerst unangenehme Sparpakete zu beschließen, dann aber nicht daran schuld sein zu wollen, hat nun auch in der ÖVP ihre Nachahmer gefunden: Nach mehrmonatiger Diskussion und mehrwöchiger Begutachtungsfrist haben vier ÖVP-Landesräte entdeckt, dass sie die Ambulanzgebühren eigentlich doch nicht wollen. Und finden für ihre Forderung, diese zumindest zu überdenken, wenn nicht überhaupt zurückzunehmen, immer mehr Unterstützung in den Länderorganisationen der ÖVP. Das Machtwort von Schüssel-Stellvertreterin Elisabeth Gehrer, die beschlossenen Ambulanzgebühren auch umzusetzen, verhallte ungehört. Im FPÖ-Regierungsteam ist die Freude darüber, dass endlich auch einmal die ÖVP Probleme mit Zwischenrufen aus den Bundesländern und Robin Hoods in den eigenen Reihen bekommt, unübersehbar. Fast genüsslich weist der FPÖ-Gesundheitsstaatssekretär jede Verantwortung für das Chaos um die Einführung der Ambulanzgebühren von sich und erklärt die Kritik zum internen Problem der Volkspartei. Und schließt damit den Distanzierungskreislauf. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 6. 5. 2001)