Porto - Der Einsturz der maroden Straßenbrücke im Norden Portugals hat möglicherweise mehr Menschenleben gefordert als bisher befürchtet. Die Behörden vermuteten am Dienstag, dass ein viertes Fahrzeug in den Fluss Douro stürzte. Der Fahrer werde seit dem Unglück am Sonntagabend vermisst. Ob er alleine in dem Wagen saß, stand zunächst nicht fest. Bisher war man davon ausgegangen, dass ein Reisebus und zwei vollbesetzte Autos 50 Meter tief in die reißenden Fluten fielen und bis zu 77 Menschen ertranken. Keine Spur Trotz verstärkter Suche gab es zunächst keine Spur von den Fahrzeugen. "Vermutlich sind sie von der Strömung kilometerweit mitgerissen worden", sagte Einsatzleiter Carlos Pereira. Nur die Leiche einer 50-Jährigen aus dem Bus wurde bisher gefunden. Dutzende Taucher der Feuerwehr und einer Eliteeinheit der Armee waren von drei Schiffen und zahlreichen Booten aus im Einsatz. Mit Hilfe eines Sonargerätes des Marine und Metalldetektoren scannten sie den Grund. Hochwasser riss Pfeiler weg Die Bergungsarbeiten wurden aber durch die starke Strömung und die große Wassertiefe von 20 Metern erschwert. Die 115 Jahre alte Brücke war zusammengebrochen, weil die Fluten des Douro nach den schwersten Regenfällen in 100 Jahren einen der Pfeiler weggerissen hatten. Kein Trost Als Portugals Staatspräsident Jorge Sampaio am Dienstag den Unglücksort nahe der Ortschaft Castelo de Paiva östlich von Porto besuchte, herrschte Totenstille. Trost konnte er den am Ufer stehenden Angehörigen der Opfer kaum spenden. Bei ihnen wich die Wut über die Schlamperei der Behörden bei der Instandsetzung der baufälligen Metallbrücke langsam der Resignation. "Irgendwo da unten liegt meine Mutter", sagte ein Anrainer mit starrem Blick. Keine Hoffnung

Hoffnung gibt es keine mehr. In Castelo de Paiva, das bis Sonntag über die Brücke noch mit dem Ort Entre-os-Rios verbunden war, wurde die Sporthalle bereits in eine Leichenhalle umgewandelt. Die 67 Opfer aus dem Bus waren allesamt Menschen aus der Region: Bauern, Arbeiter, Bergleute. Sie hatten mit ihren Familien einen Ausflug zur Mandelblüte gemacht. Unter ihnen waren mindestens sechs Kinder und ein zwei Monate altes Baby. Sie alle stammten aus zwei Dörfern.

Entschädigungen

Einziger Trost für die Hinterbliebenen ist, dass die Regierung in Lissabon rasche Entschädigungen zusagte. "Der Staat übernimmt die Verantwortung für die Katastrophe", sagte Justizminister Antonio Costa. Zahlen nannte er aber nicht. Die Generalstaatsanwaltschaft leitete zudem Ermittlungen ein. Der Verdacht lautet auf fahrlässige Tötung.

"Wenn Portugal ein Rechtsstaat wäre, dann müsste dieses Unglück als Staatsverbrechen eingestuft werden", sagte ein Bürgermeister der Region. Immer wieder hatten die örtlichen Behörden darauf hingewiesen, dass die Brücke Einsturz gefährdet sei. In Lissabon waren sie damit aber auf taube Ohren gestoßen. (APA/dpa)