Bereits heute fehlen in Europa 1,9 Millionen Spezialisten für Informationstechnik, Telekommunikation und E-Business. Bis 2003 wird diese Zahl voraussichtlich auf 3,8 Millionen anwachsen. Nach einer am Dienstag in Berlin vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) vorgestellten Studie läuft die europäische Wirtschaft Gefahr, im Jahr 2003 ein zusätzliches Wirtschaftswachstum in Höhe von 2,5 bis drei Prozent zu verschenken, weil Fachleute fehlen. Die Studie zum europäischen Fachkräftemangel ist ein Auszug einer Gesamtstudie des European Information Technology Observatory (EITO), die am 16. März auf der Computermesse Cebit in Hannover vorgestellt werden soll. Der Fachkräftemangel herrscht danach schon heute auch außerhalb der Informations- und Kommunikationstechnik (ITK), insbesondere bei Banken, Versicherungen, öffentliche Verwaltung, verarbeitende Industrie, Transportunternehmen und der Wissenschaftsbetrieb. Auf einen Arbeitsplatz in der ITK-Kernbranche entfielen zwei entsprechende Arbeitsplätze bei den Anwendern. BITKOM-Vizepräsident Jörg Harms wies darauf hin, dass sich allein in Deutschland der Fachkräftemangel voraussichtlich von zurzeit 444.000 auf 723.000 Stellen in zwei Jahren verschärfen wird. Als Ursachen für diese Entwicklung nannte Harms die "gebremsten Einstellungen" Anfang der 90er Jahre und die mangelnde Erfolgsquote an den deutschen Hochschulen mit einer Abbrecherquote im Studiengang Informatik von 50 Prozent. Schuld daran seien theorielastige Studiengänge, schlechte Betreuungsrelationen und eine in der Konsequenz überlange Studiendauer. Harms sagte, der Fachkräftemangel in Europa müsse ein Alarmzeichen für Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sein. Beschäftigung und Wohlstand hingen maßgeblich davon ab, inwieweit es gelinge, die Chancen der neuen Technologien umzusetzen. "Europa kann seine hohen sozialen Standards nur halten, wenn wir unsere Potenziale auch wirklich ausschöpfen." Über die so genannte Green Card ausländische Spezialisten nach Deutschland zu holen, sei eine "gute und wichtige Angelegenheit", sagte Harms. Nötig seien aber in erster Linie Reformen in Deutschland, vor allem im Bildungswesen. Die Studienzeiten lägen noch immer deutlich über dem internationalen Niveau. Modulare Studiengänge in Baukastenform seien Mangelware. Zu den E-Business-Berufen zählte die Studie alle Beschäftigten, die das Internet als zentrales Element ihrer Arbeit einsetzen (Web-Marketing, öffentliche Bürgerdienste und Electronic Commerce). Das wichtigste Arbeitsinstrument der Call-Center-Experten ist das Telefon. (APA/AP)