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Explosion in China : Verdächtigter war nicht geisteskrank
Familien glauben an Vertuschungsaktion
Peking - Die Familien der mehr als 60 Opfer der Explosion in einer Grundschule in Ostchina haben Regierung und Behörden eine Vertuschungsaktion vorgeworfen. Der Schilderung der Behörden, ein ebenfalls getöteter 33-jähriger Dorfbewohner namens Li Chuicai habe absichtlich Sprengstoff gezündet, weil er "geisteskrank" gewesen sei, widersprach ein Freund und alter Klassenkamerad: "Er war ein Bauer und ein anständiger Mann. Er war absolut nicht geisteskrank."
In einem Telefongespräch mit der dpa in Peking sagte der Mann, der auch ein Kind bei der Explosion in der Schule in Fang Lin (Provinz Jiangxi) verloren hatte, weiter: "Er war kein böser Mann. Mit seinem Kopf war alles in Ordnung." Seine Aufgabe sei es gewesen, Material für die Feuerwerksproduktion der Kinder in in die Schule zu liefern. Dabei sei die Explosion passiert. "Er ist jetzt tot, deswegen geben sie ihm alle Schuld."
Nachdem bereits am Vortag Regierungschef Zhu Rongji von einem "Geisteskranken" gesprochen, hatte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua einen ausführlichen Bericht gebracht, der Li Chuicai als verrückten Attentäter beschrieben hatte. Auf einem Zettel habe er sogar seine Absicht erklärt, mit einer Explosion viele Menschen und sich selbst töten zu wollen, berichtete Xinhua.
Soll krimineller Hintergrund Kinderarbeit vertuschen?
Wie das Hongkonger Radio den Ministerpräsidenten am Rande des Volkskongresses in Peking zitierte, sei der Mann bei der Explosion selbst ums Leben gekommen. Zhu Rongji habe den Berichten widersprochen, dass Kinder in der Schule Feuerwerkskörper herstellen mussten, hieß es bei RTHK.
Bewohner des Dorfes Fang Lin bestätigten, dass die Version mit einem Mann, der Sprengstoff in die Schule gebracht habe, auch von lokalen Funktionären geäußert worden sei. "Das machen sie, um die Kinderarbeit zu vertuschen", sagte der Vater. "Sie kommen jetzt mit dem Vorwand, es habe eine kriminellen Hintergrund." Der Vater berichtete, sein Kind habe wie andere seit zwei bis drei Jahren in der Schule Feuerwerkskörper hergestellt.
Zündschnüre an den Feuerwerkskörpern anbringen müssen
Etwa 300 Kinder sollen zum Zeitpunkt der Explosion am
Dienstagvormittag in der Schule gewesen sein. Die Schüler hätten
Zündschnüre an den Feuerwerkskörpern anbringen müssen, um Geldmittel
für die Schule zu beschaffen, berichtete das Informationszentrum. Die
meisten Opfer seien zwischen zehn und zwölf Jahre alt. Vier
Klassenräume wurden völlig zerstört. Nur Tafeln an einer Wand und
eine Reihe von Stühlen und Tischen blieben übrig. Der Rest war dem
Erdboden gleichgemacht und lag in kleinen Trümmern aus Steinen und
Beton. Etwa 300 Soldaten, Polizisten und Feuerwehrleute gruben in den
Trümmern nach Opfern(APA)