Wirtschaft
Einzelhändler stark überschuldet
60 Prozent der Betriebe schreiben rote Zahlen - Nach der Flaute 2000 droht heuer rauere See
Wien - Österreichs Einzelhandel steht bei einem genaueren
Blick in die Bücher nicht gut da. Wie eine aktuelle Analyse des
Instituts für Gewerbe- und Handelsforschung (IfGH) von 5.600 Bilanzen
(Basisjahr 1998/99) zeigt, sind die Hälfte der Einzelhandelsbetriebe
buchmäßig überschuldet. Insgesamt schreiben laut IfGH 60 Prozent
aller österreichischen Einzelhandelsbetriebe rote Zahlen. Das Jahr
2000 hat die Situation auch nicht wirklich verbessert, denn die
Umsätze haben sich durch die schlechte Entwicklung im zweiten
Halbjahr nur um 0,4 Prozent verbessert, sagte IfGH-Handelsexperte
Peter Voithofer am Mittwoch bei der Jahrespressekonferenz des Handels
in Wien.
Auch im Durchschnitt der Betriebe - wobei allerdings die großen
Handelsketten mit mehr als einer Mrd. S Umsatz (72,7 Mill. Euro) aus
der Untersuchung ausgenommen waren - lag die Umsatzrendite (EGT in
Prozent der Betriebsleistung) im Einzelhandel mit -0,1 Prozent im
Minus. Am Höchsten ist sie im Fotohandel , gefolgt von Drogerie und
Spiel-, bzw. Sportartikelhandel. Die höchsten Verluste wiesen Uhren-
und Schmuck sowie Lederwarenhandel aus. Im Großhandel lag die
Umsatzrentabilität mit plus 1,1 Prozent vergleichsweise am höchsten,
gefolgt vom Kfz-Handel mit durchschnittlich 0,6 Prozent.
Ruinöser Preiswettbewerb
Grund für die schlechte Ertragslage in vielen
Einzelhandelsbetrieben sei der ruinöse Preiswettbewerb, so Voithofer.
In den besonders wettbewerbsintensiven Branchen wie Lebensmittel-
oder Elektrohandel liege der Rohaufschlag nur mehr zwischen 44 und 48
Prozent, im Vergleich zum österreichweiten Schnitt von rund 51
Prozent. Ein Vergleich der Unternehmen nach Größe zeige, dass sich
die Umsatzrentabilität mit steigender Betriebsgröße verbessert,
allerdings gebe es in allen Größenklassen Top- und Flop-Betriebe.
Dennoch wurde in den vergangenen Jahren weiter investiert. In den
meisten Handelsbereichen - besonders im Textil, Möbelhandel, sowie
bei den Baumärkten - überstiegen die Investitionen den Cash Flow.
Die Konsequenz: Rund die Hälfte der Einzelhändler ist buchmäßig
überschuldet, die Eigenkapitalquote der Handelsbetriebe liegt im
Schnitt bei 17 Prozent. Im Schuh- und Elektrohandel liegt sie sogar
nur bei 10 Prozent, so der IfGH-Experte. Die geringe
Eigenkapitalausstattung im Handel - nicht nur in Österreich, sondern
in ganz Europa - sei allerdings in vielen Fällen erst ein Problem
wenn es zu größeren Umsatzrückgängen oder auch zu "besonderen
Ereignissen" wie der Betriebsübergabe an die nächste Generation
komme.
Umsatz stieg 2000 nur um 0,4 Prozent
"Nach 2 Jahren Rückenwind ist das Handelschiff wieder in der Flaute", fasste der Obmann der Sektion Handel in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Erich Lemler, das eher bescheidene Ergebnis des Jahres 2000 im Handel zusammen. Mit einem Plus von 0,4 Prozent (nominell wie auch real) wurden die Handelsumsätze im Gesamtjahr 2000 mehr oder weniger gehalten, nachdem im ersten Halbjahr noch um 1 Prozent mehr umgesetzt worden war als in den ersten sechs Monaten 1999. Auch für heuer werden keine größeren Zuwächse erwartet. "Der Handel steuert auf rauere Gewässer zu", so der Handelsexperte des Instituts für Gewerbe- und Handelsforschung (IfGH) Peter Voithofer. (APA)