Wien - Während am Donnerstag weltweit der Internationale Frauentag begangen wird, bleibt das Ziel der Gleichberechtigung für Frauen in Afghanistan in scheinbar unerreichbarer Ferne. Die Machtergreifung der islamisch-fundamentalistischen Taliban in Afghanistan im Jahr 1994 hat schrittweise zur völligen Entrechtung von Frauen geführt. Restriktive Vorschriften von Bekleidung, die Entfernung der Mädchen aus dem Bildungssystem und ein fast völliges Arbeitsverbot für Frauen haben ihre Lage immer weiter verschlimmert.
Knechtschaft des Privaten
Frauen müssen von Kopf bis Fuß vollkommen verhüllt sein und werden auf offener Straße mit Stöcken attackiert, wenn sie nur ihre Knöchel zeigten, weiße Socken tragen oder laut lachen, berichtete UNO-Sonderberichterstatterin der Menschenrechtskommission Radhika Coomaraswamy im April des Vorjahres in Genf nach ihrer Afghanistan-Reise im Jahr 1999. Mädchen könnten keine Schulen besuchen, Krankenhäuser für Frauen seien schlecht ausgestattet und Frauen dürften sich nicht ohne einen männlichen Verwandten auf die Straße wagen. Seither hat sich die Situation für Frauen noch verschlechtert.
Mittlerweile sind nach den Worten von Saher Saba von der Revolutionären Vereinigung der Frauen Afghanistans (Rawa) Frauen auch aus dem Arbeitsprozess nahezu ausgeschlossen. Die islamistischen Taliban verlangen von den internationalen Hilfsorganisationen, keine Frauen mehr zu beschäftigen, weil dies angeblich gegen Vorschriften des Koran verstoße. So wurden etwa im August des Vorjahres in einer Zeit der extremen Dürre und Nahrungsmittelknappheit 25 UNO-Bäckereien geschlossen, weil diese Frauen beschäftigten.
Der einzige Bereich, in dem Frauenarbeit erlaubt ist, ist in medizinischen Einrichtungen für weibliche Patienten. Das Arbeitsverbot für Frauen hat in Afghanistan Tausende von Frauen zu Bettlerinnen gemacht. Frauen mit Universitätsabschlüssen seien teilweise gezwungen, sich zu prostituieren, um zu überleben, erklärte Saba im August des Vorjahres vor einem Komitee der UNO-Menschenrechtskommission in Genf.
"Die Taliban sind nicht reformierbar"
Rawa, die größte oppositionelle Frauenvereinigung Afghanistans, bat die Vereinten Nationen um mehr Unterstützung im Kampf gegen Verletzungen der Grundrechte von Frauen durch das Taliban-Regime. "Keine der halbherzigen Maßnahmen, die sie ergreifen, kann die Tatsache verschleiern, dass diese Fundamentalisten geistig noch im Mittelalter leben", betonte Saba in Genf. "Die Taliban sind nicht reformierbar." Ihre Organisation befürworte deshalb eine Intervention von UNO-Friedenstruppen in Afghanistan. "Viele Taliban sind Kriegswaisen, die in religiösen Schulen in Pakistan zum Frauenhass erzogen wurden", erklärte Saba. "Sie wuchsen auf ohne Mütter und Schwestern oder sonstigen Kontakt zu Frauen."
Keine typisch islamische Gesetzeslage
Die Gesetzgebung in Afghanistan kann keineswegs als typisch islamisch bezeichnet werden. Bildung hat im Islam einen hohen Stellenwert, sowohl für Männer als auch für Frauen. Der Umgang mit Frauen im Namen des Islams kennt viele Schattierungen. So ist die Gesetzgebung für Frauen etwa Tunesien und der Türkei liberal geprägt. Die Mehrehe ist verboten und auch die Abtreibung wurde legalisiert.
Die Frauen selbst haben stets in islamischen Ländern für ihre Rechte gekämpft. Zuletzt versammelten sich im November des Vorjahres in Kairo mehr als 400 Frauen aus 18 arabischen Ländern, die über gesellschaftliche und soziale Schwierigkeiten von Frauen in der arabischen Welt diskutierten. Der Frauengipfel wurde von der Arabischen Liga, dem ägyptischen Frauenverband und der libanesischen Hariri-Stiftung organisiert. Königin Rania von Jordanien rief zu mehr Sozial-, Wirtschafts- und Gesetzesreformen auf, damit mehr Frauen Anteil an der gesellschaftlichen Entwicklung nehmen können. Die Ehefrau des sudanesischen Präsidenten, Fatima el Bashir, meinte, dass der Islam Männer und Frau gleichstelle - unabhängig von falschen Interpretationen und irreführenden kulturellen Trends.
(APA)