Brüssel - Erstmals seit Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Großbritannien weitet die EU-Kommission ihre Vorsichtsmaßnahmen jetzt auch auf das europäische Festland aus. Der Ständige Veterinärausschuss der Europäischen Union empfahl, alle Viehmärkte in der gesamten EU für zunächst zwei Wochen zu schließen und Tiertransporte zu verbieten. Die Kommission wird die Maßnahmen nun in einem Dringlichkeitsverfahren noch vor dem Wochenende beschließen. Ende der Seuche in wenigen Wochen möglich Gleichzeitig hielten Experten der Union ein Ende der Seuche in wenigen Wochen für möglich. "Wir hoffen, dass sie in den nächsten Tagen ihren Höhepunkt erreicht und dann abflaut", sagte ein Mitglied des EU-Veterinärausschusses am Mittwoch in Brüssel. Zu den am Dienstagabend in Brüssel vorgelegte Vorschlägen des Ausschusses gehört über das Viehmarktverbot hinaus auch ein zweiwöchiges EU-weites Transportverbot für alle Tiere, die sich mit der Seuche infizieren könnten. In Ausnahmefällen können die zuständigen Behörden an Ort und Stelle eine Transportgenehmigung für solche Tiere erteilen, die direkt zur Schlachtung oder von einem Hof zum anderen gefahren werden, hieß es weiter. Darüber hinaus müssen alle Räder von Fahrzeugen, die von Großbritannien in andere EU- Mitgliedsländer fahren, desinfiziert werden. Ausfuhrverbot aus Großbritannien verlängert Weiter wird das wegen der hochgradig ansteckenden Tierkrankheit verhängte umfassende Ausfuhrverbot für lebende Tiere und Tierprodukte aus Großbritannien zunächst bis zum 27. März verlängert. Mit der Fortsetzung des Exportembargos gegen Großbritannien werden Schutzmaßnahmen fortgeführt, die die EU-Kommission direkt nach Bekanntwerden der Krankheitsfälle in Großbritannien ergriffen hatte. Danach ist die Ausfuhr von lebenden Tieren, Frischfleisch und Fleischprodukten sowie Milch und Milchprodukten und von weiteren tierischen Erzeugnissen in andere Staaten der EU verboten. Unter Schafen sei die Krankheit am schlimmsten Zum Verlauf der Maul- und Klauenseuche sagte der EU-Experte weiter, unter den Schafen sei die Krankheit am schlimmsten. Bei ihnen trete die Infektion am häufigsten auf, und die Inkubationszeit - also der Zeitraum zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit - sei lang. Bisher seien 81 Ausbrüche der Maul- und Klauenseuche bekannt, und "sie stehen alle im Zusammenhang mit acht oder neun Tiermärkten". Entwarnung könne endgültig gegeben werden, wenn es innerhalb zweier Inkubationszeiten keine neuen Fälle gebe. Die Inkubationszeit für Maul- und Klauenseuche bei Schafen liegt bei etwa 14 Tagen. Er erwartete, dass die Zahl der neu gemeldeten Ausbrüche in etwa zwei Tagen abflaut. Der EU-Veterinärausschuss wird sich nach den Angaben voraussichtlich am 21. März erneut treffen und über die mögliche Verlängerung der Maßnahmen beraten. Maßnahme trifft auch heimische Bauern hart In Österreich finden mehrmals in der Woche Viehmärkte statt. Dabei dürfen nur inländische Tiere aufgetrieben werden, betonte am Mittwoch Adolf Marksteiner von der Abteilung Marktpolitik der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer in Wien. Der EU-Plan, alle Viehmärkte in der gesamten EU für zunächst zwei Wochen zu schließen, treffe die heimischen Bauern daher besonders hart. Dennoch hält es der Experte für eine sinnvolle Maßnahme zur Verhinderung der MSK-Verbreitung, den internationalen Tierverkehr vorerst zum Erliegen zu bringen. Wenn man nach diesen zwei Wochen sagen kann, dass die Seuche nicht übergesprungen ist, müsse man die Situation jedoch neu überdenken, so Marksteiner. MKS-Alarm in Deutschland MKS-Alarm in Deutschland: In Schleswig-Holstein haben sich möglicherweise zwei Schweine mit der Maul- und Klauenseuche infiziert. Es wurde zwar Koliruhr als Todesursache diagnostiziert, Proben der verendeten Tiere seien aber zur genauen Untersuchung an ein Forschungsinstitut übergeben worden. Der betroffene Bauernhof wurde unter eine Verdachtssperre gestellt. Frankreich - 70 illegal aus Großbritannien eingeführte Schafe In Frankreich sind 70 illegal aus Großbritannien eingeführte Schafe entdeckt worden. Wie die Präfektur des Departements Vienne am Mittwoch mitteilte, sollten die Tiere und weitere 130 Schafe der Herde als Vorsichtsmaßnahme gegen eine Einschleppung der Seuche noch am gleichen Tag getötet werden. Es gebe keine Hinweise auf eine Erkrankung. Insgesamt sind in Frankreich bereits 50.000 Schafe getötet worden. Die französischen Behörden bieten den von Massenschlachtungen ihrer Tiere betroffenen Bauern psychologische Unterstützung an. Oft müsse eine ganze Familie damit fertig werden, dass ihre Herde und damit ihr Lebensunterhalt verschwinde, hieß es bei der Sozial- und Gesundheitsbehörde. Großbritannien In Großbritannien sollte unterdessen wieder ein Pferderennen stattfinden, obwohl die Zahl der MKS-Fälle weiter auf 81 gestiegen ist. Auch beim Viehtransport standen Lockerungen in Aussicht. Nachdem bereits am Dienstag mehr als 200 Direkt-Transporte von "seuchenfreien" Tieren in die Schlachthäuser zugelassen worden waren, ist jetzt die Errichtung von "Sammelstellen" für Transportvieh vorgesehen. Damit soll die Fleischversorgung in den Geschäften und Supermärkten gesichert werden. Bisher sind in Großbritannien 40.000 Tiere getötet worden. Die Keulung von weiteren 40.000 ist geplant. Italien Aus Italien wurde Kritik an den von Brüssel gesetzten Maßnahmen laut. Der italienische Agrarminister Alfonso Pecoraro Scanio rief die Regierung seines Landes auf, den Import von Fleisch und Tieren aus dem Ausland zu verbieten. Italienischen Züchter, die am Brenner demonstrierten, drohten mit einer Blockade des Gütertransports an den Grenzübergängen, um die Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Sie forderten von der Regierung einen "Sanitätskordon" zu Ländern, in denen MKS-Fälle gemeldet wurden. Tschechien Auch die Behörden in Tschechien haben einen Krisenplan ausgearbeitet, der aber erst dann realisiert werden soll, wenn sich die Seuche in Europa verbreitet. Vorerst dürfen inzwischen keine Tiere importiert und keine Tier-Ausstellungen veranstaltet werden. Um die Verbreitung der Seuche zu vermeiden, hat Bulgarien den Import von Fleisch- und Fleischwaren aus den Staaten der EU und aus der Schweiz vorübergehend verboten. (APA/dpa)